Künstlergespräch Ausstellung mit Werken von Bernard Föll

BERNARD FÖLL

Recent Works 22. Juni bis 27. Juli und 20. bis 31. August 2019

Donnerstag, 22. August 2019, 20.00 Uhr Künstlergespräch mit Bernard Föll

Bernard Föll, geboren 1954 in Stuttgart, machte Anfang der 80er Jahre zunächst Super 8-Filme in Berlin und war Mitbegründer der Filmgruppe “Best Boys Connection”. Bald darauf wandte er sich jedoch mit ersten Arbeiten auf Papier und mit Collagen, ab Mitte der 90er Jahre mit Malerei auf Leinwand der Bildenden Kunst zu. 1998 war Bernard Föll auch als Kurator im Haus am Lützowplatz in Berlin tätig, 2000 Initiator und Kurator des Cheap Art Projektes “Hunderte 20” und der Austellungsreihe “interlink (art Space #1)”. 2002 erhielt Föll ein Stipendium der Künstler-Kolonie “Kriva Palanka” in Mazedonien. Werke von Bernard Föll wurden und werden seit über 30 Jahren in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen u.a. in Liverpool, Rom, Wien, Stuttgart, Hamburg und Berlin ausgestellt, wo er arbeitet und lebt.

Bernard Föll ist als Künstler zugleich Sammler und Entdecker, der aus einer Fülle von Gefundenem und Erlebtem Bildelemente auswählt, ins Werk aufnimmt und in einen neuen Bildraum überführt. Dort arrangiert und versammelt er sie in anderen Konstellationen und Kombinationen und erschafft bildhafte Assemblagen voller vielschichtiger Anspielungen auf das Zeit- und Weltgeschehen. Assemblage als Tafelbild Als Materialien für seine allegorischen Anordnungen dienen Föll Motive aus den Massenmedien, aus Zeitschriften, der Werbung, aus Handbüchern, Comics, Modemagazinen, aber auch aus dem Alltag und fernen oder vergangenen Kulturen, aus der Welt des Spiels oder des Sports. So greift die Leinwandarbeit Nichts geht mehr (2017) die Sprache der Spielcasinos auf und changiert zwischen Talmi, Grusel, Science Fiction und theologischer Ikonografie. Ein großes Roulette-Rad mit flottierenden Zahlenreihen teilt sich das Bild mit einer Lolita-Figur aus einem Porno-Comic der 70er Jahre, an deren Brüsten ein Fledermaus-Vampir saugt. Die Zöpfe der Heldin mutieren an anderer Stelle zur Dornenkrone, sie selbst thront mit aufgerissenen Augen wie eine Madonna im Strahlenkranz. In der Übermalung Außenseiter (2017) taucht das Roulettes in Verbindung mit einem einem rotbraunen Pferd wieder auf, das auf das Kreisrund zu galloppiert: Der Außenseiter, auf den keiner gewettet hat, als der große Gewinner.

Auf kleineren Arbeiten Fölls begegnen wir dann wiederholt einem Esel. Das Bild Der Unterhändler (2016) zeigt ihn, wie er in orientalischer Anmut an dem scheiternden britischen Parlamentär im ausbrechenden Syrien-Konflikt vorbeitrabt. In Face of Age (ebf. 2016) ist er kopfüber platziert zusammen mit einer Figur mit einem Rollator. Eine Anspielung auf die Überalterung der Gesellschaften, vielleicht die Alterung der Welt überhaupt. Schneiden, Kleben, Kopieren, Frottieren: Street Art for home Plakative Elemente, Buchstaben, Zahlen, Zeichen und Piktogramme kommen dabei auf der Basis einer ausgefeilten Schablonen- und Frottagetechnik zum Einsatz. Auf dunklen Gründen, die Bernard Föll in Rechtecke und Quadrate aufteilt, beginnt die eigentliche Arbeit an der Komposition mit Schablonen aus Karton, die der Künstler selbst schneidet und als eigenständige, sich wiederholende Formen zulässt. Hier greift er auf Traditionen des Scherenschnitts zurück. Die Technik der Nitrofrottage dient ihm dazu, Vorgefundenes ins Bild zu übertragen. Farbflächen erhalten so in seinen Collagen oft die Struktur von Textilien, Krawattenmustern, Holzmaserungen und ergänzen seine Malerei.

Bystanders – Zuschauer – ist eine in Blau-, Braun-, Rosa- und Gelbtönen gehaltene Arbeit benannt. Sie zeigt vor einem sehr detailliert gemalten Hintergrund eine Gruppe von Bartträgern, die mit hängenden Armen unaufgeregt, ja lässig aus dem Bild auf etwas blicken, das sich außerhalb von ihm befindet. Passiv verharrende, teilnahmslose Zuschauer vor dem Drama des Weltgeschehens? Thematisch hält Föll das politisch Eindeutige auf Distanz. Oftmals führen uns seine angeschnittenen, flächenhaften Figuren in Zwischenwelten, Wartezustände, zu Bildaufteilungen und Bildauflösungen, die die Handlung suspendieren. Andere Arbeiten zeigen Fölls Hinwendung zur Abstraktion, die er gleichwohl mit figurativen Elementen verbindet. New Branding (2017) deutet vor grün-rot-gelben Farbfeldern schemenhaft eine dunkle Figur an, vor die sich eine computergenerierte Gestalt schiebt. Ein Blick in die Zukunft von Robotik und Künstlicher Intelligenz ? Auftritt einer neuen Spezies der „Marke Mensch“ ?

Text: Christian Bertram