Erinnern Sie sich an unseren langjährigen Bewohner der Berliner Künstlerkolonie
Busch war Sohn des Maurers Friedrich Busch und dessen Ehefrau Emma. Er absolvierte von 1915 bis 1920 eine Ausbildung zum Werkzeugmechaniker und arbeitete anschließend als Werftarbeiter. Er trat 1916 der Sozialistischen Arbeiterjugend bei, 1918 der SPD. Unter dem Eindruck des Kieler Matrosenaufstandes 1918 ließ er sein Parteibuch Anfang 1919 auf die USPD umschreiben.
1920 nahm Busch Schauspiel- und Gesangsunterricht und wurde von 1921 bis 1924 am Stadttheater Kiel (sein Bühnendebüt machte Busch am 8. Oktober 1921, als der Ministrant in Cavalleria rusticana), danach bis 1926 in Frankfurt (Oder) und anschließend an der Pommerschen Landesbühne in Stettin engagiert. 1927 zog er nach Berlin, wo er an der Piscator-Bühne engagiert war und ab 1929 in der Künstlerkolonie wohnte. Ab 1928 trat er in Berlin an der Volksbühne, dem Theater der Arbeiter und der Piscator-Bühne in Stücken von Friedrich Wolf, Bertolt Brecht und Ernst Toller auf. In der Verfilmung der Dreigroschenoper von Georg Wilhelm Pabst spielte er den Moritatensänger (mit dem Mackie-Messer-Song).
Busch sollte nach der Machtergreifung der NSDAP aufgrund seiner politischen Gesinnung von der SA verhaftet werden. Durch glückliche Umstände entging er einer der ersten Razzien in der Künstlerkolonie in Berlin-Wilmersdorf am 9. März 1933. Als die SA Busch gegen 12 Uhr festnehmen wollte, öffnete niemand, sodass die SA vermutete, Busch sei schon geflohen. Doch Busch war gewarnt und wollte nun Deutschland zügig verlassen. Er flüchtete daraufhin mit seiner Ehefrau, der Sängerin Eva Busch, zunächst in die Niederlande. Von dort aus folgten weitere Stationen: Belgien, Zürich, Paris, Wien und schließlich die Sowjetunion, wo er u. a. für Radio Moskau arbeitete.
1935 wirkte er in der Sowjetunion in Gustav von Wangenheims Film Kämpfer mit. 1937 reiste Busch mit der Journalistin Maria Osten nach Spanien und trat als Sänger bei den Internationalen Brigaden auf. Mit seinen Liedern Die Thälmann-Kolonne, No pasaran, Bandiera Rossa äußerte er sich offen gegen den Faschismus. In Spanien gab er Liederbücher heraus (Canciones de las Brigadas Internacionales), nahm Schallplatten auf und sang vor den Mitgliedern der Internationalen Brigaden und im Radio. Mitte 1938 verließ Busch den Kriegsschauplatz und kehrte nach Belgien zurück. 1938 machte er Aufnahmen bei Radio Brüssel, gab Konzerte und spielte Schallplatten ein.
Mit dem Beginn des Westfeldzugs am 10. Mai 1940 gegen die neutralen Staaten Niederlande, Belgien und Luxemburg wurde er in Antwerpenverhaftet und nach Südfrankreich in das Internierungslager Camp de Gurs deportiert. Er war dort bis Ende 1942 interniert, dann gelang ihm die Flucht bis an die Schweizer Grenze. Die französische Grenzgendarmerie verhaftete Ernst Busch jedoch vor dem Grenzübertritt, lieferte ihn an die Gestapo aus und er wurde im Januar 1943 über Paris in das Polizeipräsidium Alexanderplatz überstellt. Im März 1943 wurde er in der Haftanstalt Moabit in Einzelhaft genommen. Die Anklage gegen Busch lautete „Vorbereitung zum Hochverrat“. Am 22. November 1943 wurde er bei einem alliierten Luftangriff auf die Haftanstalt schwer verletzt. Durch die Intervention von Anwälten über Gustaf Gründgens entging er aufgrund der im April 1937 erfolgten Ausbürgerung und seiner schweren Kopfverletzung der Todesstrafe und erhielt 1944 letztendlich eine vierjährige Zuchthausstrafe.
Am 27. April wurde er von der Roten Armee aus dem Zuchthaus Brandenburg befreit und machte sich von dort aus auf den Weg in das noch umkämpfte Berlin. Im Mai 1945 zog er wieder in das Wohnhaus in der Künstlerkolonie, in dem er bis 1933 gewohnt hatte. 1949 siedelte er mit seiner neuen Lebensgefährtin Margarete Körting nach Treptow im Ostteil Berlins über, ab 1951 wohnten die beiden in der Heinrich-Mann-Straße in Berlin-Pankow. 1945 trat er in die KPD ein und wurde 1946 Mitglied der SED.
Als Schauspieler war er am Berliner Ensemble, dem Deutschen Theater und der Volksbühne tätig. Außer in seinen Brecht-Rollen machte er sich noch in anderen Rollen um die Entwicklung der Schauspielkunst verdient.
Busch wurde auch als Interpret der Lieder von Hanns Eisler (Der heimliche Aufmarsch) und internationaler Arbeiter- sowie sozialistischer Propagandalieder bekannt. Daneben leitete er bis 1953 die Schallplatten-GmbH Lied der Zeit, die erste und einzige Schallplattenfirma der SBZ/DDR. Lied der Zeit war der Vorläufer des VEB Deutsche Schallplatten mit den Sublabels Eterna und Amiga, die ebenfalls unter Busch entstanden. 1956, 1966 und 1979 erhielt er den Nationalpreis der DDR. Von 1963 bis 1975 spielte er beim Schallplattenlabel Aurora der Deutschen Akademie der Künste etwa 200 seiner Lieder ein. Er war Mitglied der Akademie.
1961 zog er sich aus gesundheitlichen Gründen von der Bühne zurück. Busch übte zwar keine öffentliche Kritik an der Politik der SED, hatte aber diverse Streitereien mit Funktionären, darunter Erich Honecker. Seit 1951 war er faktisch kein Parteimitglied mehr, weil er sich beim Überprüfungsverfahren nicht kooperativ gezeigt hatte. 1976 stellte er sich mit einer Erklärung im SED-Zentralorgan Neues Deutschland hinter die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann durch den SED-Staat. 1977 trug ihm die SED ein neues Parteibuch an, das Busch annahm.
Die letzten Jahre verbrachte Busch in Bernburg. Er starb in Berlin. Seine letzte Ruhe fand er auf dem Friedhof Pankow III. Sein Grab in der Abt. 36-28/29 ist als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet.
Den Nachlass von Ernst Busch bewahrt das Archiv der Akademie der Künste in Berlin.
Nach Ernst Busch sind Straßen in Berlin-Pankow (seit 29. April 1985) und im westsächsischen Werdau sowie ein Platz in seiner Heimatstadt Kiel (seit 2. September 2011) benannt. Auch eine Sprachheilschule in Chemnitz und mehrere Chöre, z. B. der Ernst-Busch-Chor Berlin, tragen seinen Namen.
Bis August 1992 wurde das Ernst-Busch-Haus in der Leonhard-Frank-Straße in Berlin-Pankow als Gedenkstätte betrieben, dann allerdings geschlossen und an Alteigentümer zurückgegeben.
Wikipedia®
Heimlicher Aufmarsch (2. Strophe)
Sprechgesang: Arbeiter horch, sie ziehen ins Feld
und schreien „Für Nation und Rasse“
Das ist der Krieg der Herrscher der Welt
gegen die Arbeiterklasse;
denn der Angriff gegen die Sowjetunion
ist der Stoß ins Herz der Revolution,
und der Krieg, der jetzt durch die Länder geht
ist der Krieg gegen Dich, Prolet!
Chor: Arbeiter, Bauern nehmt die Gewehre,
nehmt die Gewehre zur Hand!
Zerschlagt die faschistischen Räuberheere,
setzt alle Herzen in Brand.
Pflanzt eure roten Banner der Arbeit
auf jeden Acker, auf jede Fabrik.
Dann steigt aus den Trümmern
der alten Gesellschaft
die sozialistische Weltrepublik!
(Text: Erich Weinert; Musik: Hanns Eisler; Gesang: Ernst Busch; entstanden Herbst 1930)
Dieses klassische Kampflied, das im nachhinein von geradezu prophetischer Aussagekraft war, ist ein Busch-Lied par excellence: Zunächst der fast stakkatohafte Sprechgesang, der von Eisler mit einer ebensolchen Streicherpartie unterlegt wurde, dann der aufbrausende Chor. All das wird durch Buschs metallisch scharfe Stimme akzentuiert, deren Wirkung der Dramatiker Heiner Kipphardt so erlebte:
„Ich lernte Ernst Busch in einem Schlammloch der russischen Front kennen, 1943, nachts auf dem Rückzug der geschlagenen faschistischen Armeen durch die Ukraine. (…) Aus einem Lautsprecher eines Propagandatrupps der Roten Armee kam ein Lied von einer abgespielten Schallplatte über schrille Lautsprecher aus etwa zwei Kilometer Entfernung. Ein deutsches Arbeiterlied. Ich kannte es nicht und ich kannte den Mann nicht, der es sang. Die Worte hatten für mich keine Bedeutung, trotzdem hörte ich auf einmal zu. Ich wusste nicht, warum, ich wollte nicht, trotzdem hörte ich zu. Die Stimme verjagte meine Apathie. (…) Es war nicht ihre Schönheit, die mich ergriff, auch nicht ihre Klarheit, die Genauigkeit, nicht die aggressive Schärfe, die diese Stimme hatte. Es war etwas anderes. Diese Stimme wusste, dass der Mensch, dass die Vernunft, dass die Wahrheit triumphieren wird. Sie wusste darüber hinaus, wie das zu machen ist. Das war der Grund für die karge Schönheit, das war der Grund für die harte Klarheit, das war der Grund für die metallene Schärfe, das war der Grund für die glühende Vernunft dieser Stimme.„
Ernst Busch war nicht nur ein talentierter Sänger und Schauspieler; er war vor allem überzeugtes Kind der Arbeiterbewegung, und das kann man seinen Liedern heute noch anhören. Nachdem sein Werk jahrelang vergriffen war, hat sich jetzt der BARBArossa Musikverlag (Vertrieb: ARIS/BMG; i.e. Bertelsmann Music Group, eine Ironie der Geschichte) daran gemacht, das Lebenswerk dieses Mannes der interessierten Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen. Bislang erschienen 12 CDs: „Der Barrikaden Tauber“ (so nannte ihn ein Kritiker), „Der rote Orpheus“ (jeweils mit Originalaufnahmen aus den 30ern), „Merkt ihr nischt“ (Busch singt Tucholsky/Eisler), fünf CDs „Originalaufnahmen 1946 – 1953“ (Platten, die er bei dem von ihm gegründeten Schallplattenverlag „Lied der Zeit“ aufnahm) und die „Chronik des 20. Jahrhunderts in Liedern, Kantaten und Balladen“, die Busch zwischen 1964 und 1974 für Aurora produzierte.
Vor allem das „Aurora“-Projekt zeigt Ernst Busch als vielschichtigen Sänger und Sammler von Kampf-, Volks-und Bewegungsliedern, die nicht nur jene Kämpfe abdecken, an denen er selbst teilnahm. Und das waren nicht wenige: sein Lebenslauf liest sich wie eine kleine Reise durch die Arbeiterbewegung ab 1900.
Geboren am 22.01.1900 in Kiel als Sohn einer Arbeiterfamilie macht er eine Ausbildung zum Maschinenbauschlosser auf der Kruppschen Germania-Werft, wird Mitglied der organisierten Arbeiterjugend und der SPD, nimmt an der Novemberrevolution teil, tritt wenig später der USPD bei und 1945 der KPD. 1921 beginnt seine Karriere als Theaterschauspieler in Kiel. Über diverse Provinztheater findet Busch schließlich 1927 nach Berlin, hier hat er 1929 die erste Begegnung mit „seinem“ Komponisten Hanns Eisler. Im gleichen Jahr steht er das erste Mal vor der Kamera, er spielte u.a. in „Kameradschaft“ von G.W. Pabst und demkommunistischen Film der Weimarer Republik schlechthin „Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt„. 1933 flieht Busch vor den Faschisten aus Nazideutschland, 1936 kommt er auf Einladung nach Moskau und macht dort u.a. Antifa-Propaganda bei den deutschsprachigen Sendungen von Radio Komintern. 1937 meldet er sich als Propagandist bei den Internationalen Brigaden in Spanien. 1940 wird er in Südfrankreich interniert, nach seiner Flucht von der Vichy-Polizei verhaftet, der Gestapo übergeben und in Berlin vom berüchtigten Volksgerichtshof verurteilt. Es war übrigens ausgerechnet Gustav Gründgens, der „Staats- und Hofschauspieler“ der Nazi-Elite, der sich damals für Busch einsetzte und ihm durch eine Ehrenerklärung und die Finanzierung von Buschs Anwälten vielleicht sogar das Leben rettete. Das jedenfalls schilderte Busch in einer Ehrenerklärung für Gründgens nachdem dieser 1945 von der Roten Armee inhaftiert worden war.
Nach der Befreiung durch die Rote Armee wird Busch 1946 Leiter des Schallplattenverlages „Lied der Zeit“, ab 1950 ist er Mitglied von Brechts Berliner Ensemble. Bereits 1951 bekommt Busch erste Probleme mit Kulturfunktionären der jungen DDR; seine Lieder seien Proletkult und wurden darum im Rundfunk nicht mehr gespielt. Busch starb am 08.06.1980 in Berlin (DDR).
Die vorliegende CD-Edition versammelt nahezu alles, was Busch je gesungen hat. Dabei bestechen vor allem bei den AURORA-Produktionen die ausführlichen Booklets, die – so weit finanziell machbar – auch die Texte der Lieder beinhalten, sowie einiges über deren Entstehungsgeschichte erzählen. Der Herausgeber hat nicht einfach nur die Cover-Texte der alten Platten reproduziert, sondern die Lieder – wo nötig – in einen aktuellen Zusammenhang gestellt. So finden sich beispielsweise zu dem Liedtext „Ewiger Ruhm den Helden“, in dem sich Busch auf seine Weise bei der Roten Armee für die Befreiung vom Faschismus bedankt, Zeitungsauschnitte über Schändungen sowjetischer Ehrenmäler und Gräber.
Und auch wenn einem heute manches Lied pathetisch und teilweise fast antiquiert vorkommt, zeugt seine Musik doch von seiner enormen Energie und Lebendigkeit. Die CD-Edition ist nicht nur das Vermächtnis eines engagierten Sängers, sondern sie dokumentiert auch einen Teil linker Geschichte. Zur Aktualität und zum Wirken von Busch Musik bemerkte einer seiner Kampfgenosse der Inter-Brigarden bereits 1957 treffend: „Vor 20 Jahren habe ich noch gesagt, als dieser Sänger nach Spanien kam; was sollen wir mit ihm; wir brauchen keine Sänger, wir brauchen Gewehre. Die Gewehre schweigen, aber die Lieder kämpfen weiter.„
Alle Zitate aus dem leider vergriffenen Buch von Karl Siebig „Ich geh‘ mit dem Jahrhundert mit. Ernst Busch – Eine Dokumentation.“ das neue buch Rowohlt. Hamburg 1980.
Es handelt sich um die Aufzeichnung des Konzerts anlässlich des 60sten Geburtstages von Ernst Busch in der Akademie der Künste. Die Umstände und die politische Bedeutung des Konzerts sind in der Beilage sehr gut dokumentiert. Es fehlen zwar einige bekannte Lieder (etwa die von der „Pläne“-LP, mit der Ernst Busch auch im Westen bekannt geworden ist – leider längst vergriffen), dafür trägt der Künstler aber die delikate Programmauswahl in diesem Rahmen mit beeindruckenden Abstufungen vor. Auch dazu gibt die Beilage wichtige Hinweise. Der Klang ist leicht historisch, aber gut restauriert. Insgesamt ein musikalisch-literarisches Erlebnis, das zusätzliche noch ein Stimmungsbild der DDR um 1960 vermittelt.
Views: 348