Spurensuche

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Foto: rk
 

Die Künstlerkolonie sollte vor allem Künstlern, die weniger Geld bzw. unregelmäßige Einkünfte hatten, bezahlbaren Wohnraum bieten, was besonders nach Einbruch der Weltwirtschaftskrise 1929 von Bedeutung sein sollte. “Hungersburg” hatte man die KüKo vor dem Krieg genannt. Der Publizist Axel Eggebrecht schrieb in seinen Erinnerungen:

Mir gelang es, eine sehr billige Wohnung in der Bonner Straße nahe dem Breitenbachplatz zugeteilt zu bekommen, in der ‘Künstlerkolonie’.

Das war kein Worpswede, keine romantische Siedlung. Bühnen-genossenschaft und Schriftstellerverband hatten für ihre Mitglieder drei ganz normale Häuseblocks gebaut, gerade noch rechtzeitig vor der Krise. Nun brachten viele Bewohner selbst die niedrigen Mieten nicht mehr auf, wie überall in Berlin drohten Exmittierungen, wie überall gab es dagegen Protestaufmärsche. Bei uns ähnelten sie eher Volksbelustigungen, hatten immer Erfolg. Und dabei zeigte sich schon ein Gemeinschaftsgeist, der in naher Zukunft eine wichtige Rolle spielen sollte.

Aus Axel Eggebrecht: Der halbe Weg – Zwischenbilanz einer Epoche
Rowohlt Taschenbuch, Hamburg 1981, S. 269

Wie Eggebrecht hatten viele bedeutende Schauspieler, Regisseure, Sänger, aber auch Schriftsteller und Philososophen hier gewohnt – davon viele, die ab 1933 emigrieren mussten bzw. vertrieben wurden oder die plötzlich ‘verschwanden’: Ernst Busch, Ernst Bloch, Steffi Spira, Alfred Kantorowicz, um hier nur wenige zu nennen.

Bei einem Spaziergang durch das Viertel begegnen uns einige Namen als Straßenbennungen, andere auf Gedenktafeln und auf in den Boden eingelassene Stolpersteine.

 


 

Drei Namen begegnen uns hier:

  • Ludwig Barnay
    (1842 – 1924) Schauspieler und Theaterleiter
  • Albert Steinrück
    (1872 – 1929) Theater- und Stummfilmschauspieler
  • Gustav Rickelt
    (1862 – 1946) Gründer der Künstlerkolonie

 

Ludwig-Barnay-Platz (früher Laubenheimer Platz):

Am 1. 11. 1963, anlässlich des 80. Jahrestages der Gründung des Deutschen Theaters in Berlin durch Barnay, wurde der Laubenheimer Platz in Ludwig-Barnay-Platz umbenannt.

 

Steinrückweg (früher Barnayweg):

1932 wurde die bis dato Rastatter Straße in Barnayweg umbenannt. Ludwig Barnay war einer der Gründer der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger (GDBA). Wegen seiner jüdischen Herkunft nannten die Nazis am 21. 2. 1944 den Barnayweg in Steinrückweg um. In Hannover wurde der Name Barnay schon frühzeitig aus dem Straßenbild entfernt, in Berlin hatte man ihn vielleicht lange übersehen.

Gustav-Rickelt-Weg (erst seit 1999):

Der Gustav-Rickelt-Weg, vorher ein unbenannter Durchgangsweg zwischen der Kreuznacher Straße und dem Südwestkorso, erhielt seinen Namen am 26. 11. 1999: auf eine Initiative des Sohnes Martin Rickelt hin – in enger Zusammenarbeit mit dem früheren Vorsitzenden des KünstlerKolonie Berlin e.V., Holger Münzer.