Vom BAUHAUS bis zur Glienicker Brücke

Berlin SÜDWEST 2019:

VOM BAUHAUS BIS ZUR GLIENICKER BRÜCKE Umfangreiches Veranstaltungsprogramm
„100 Jahre Bauhaus“ und „30. Jahrestag des Mauerfalls“ in Steglitz-Zehlendorf

 

Mit über 20 Veranstaltungen, darunter 15 Führungen, eigenen Entdeckungstouren, Filmvorführungen, Vorträgen, einer Ausstellung und zwei Festveranstaltungen würdigt der Bezirk Steglitz-Zehlendorf die diesjährigen großen Jubiläen „100 Jahre Bauhaus“ und „30. Jahrestag des Mauerfalls“. Das Programm startet am 6. April mit der Führung „Die Wohnkultur der 20er Jahre“. Bis zum 13. Oktober gibt es neun fußläufige Führungen zu diesem Thema. Wer lieber mit dem Fahrrad „Die Bauten der Moderne in Steglitz-Zehlendorf“ entdecken will, sollte die Dahlem-Route wählen. Die geführten Erkundungen werden jeweils zweimal als Ostroute (13. April und 8. Juni) und zweimal als Westroute (11. Mai und 13. Juli) angeboten.

Besondere Höhepunkte des Veranstaltungsprogramms „Berlin SÜDWEST 2019: VOMBAUHAUS BIS ZUR GLIENICKER BRÜCKE“ sind der 9. Mai sowie der 9. und 10. November: Am 9. Mai spricht der Schauspieler Joost Siedhoff über seine Mutter und Bauhaus-Künstlerin für kindgerechtes Spielzeug Alma Siedhoff-Buscher im Gutshaus Steglitz. Zu einer gemeinsamen Festveranstaltung am 9. November anlässlich „30. Jahrestag des Mauerfalls“ laden der Bezirk Steglitz-Zehlendorf, die Stadt Teltow sowie die Gemeinden Stahnsdorf und Kleinmachnow am Zeppelinufer in Teltow ein.

Am 10. November findet im Schloss Glienicke eine festliche Matinee statt, bei der Cerstin Richter-Kotowski, Bezirks www.rm-berlin-sw.debürgermeisterin Steglitz-Zehlendorf, Mike Schubert, Oberbürgermeister von Potsdam und Prof. Dr. Christoph Martin Vogtherr, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg gemeinsam an den 30. Jahrestag des Mauerfalls auf der Glienicker Brücke erinnern.

Weitere Informationen über Veranstalter, Anmeldungen und Teilnahmegebühren enthält der Flyer „BERLIN SÜDWEST 2019: VOM BAUHAUS BIS ZUR GLIENICKER BRÜCKE“, den Sie hier laden können.

 

Die Veranstaltungen wurden vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, dem Regionalmanagement Berlin SÜDWEST und anderen Partnern initiiert.





Erinnerung an Wolfgang Leonhard

Erinnern Sie sich an Wolfgang Leonhard ?

Wolfgang Leonhard, langjähriger Bewohner der Berliner Künstlerkolonie, war ein deutscher Historiker. Er galt als einer der führenden Kenner der Sowjetunion, der DDR und des Kommunismus. Leonhard war Mitglied der Gruppe Ulbricht und wurde bekannt auch durch seinen Bestseller ‘Die Revolution entläßt ihre Kinder’.

Wir erinnern an Wolfgang Leonhard mit einem Interview welches 2007 in derBerliner Morgenpost erschien.

Lebenslänglich DDR

Wolfgang Leonhard ist letzter Überlebender der Gruppe Ulbricht, die nach 1945 den Sozialismus in Deutschland installierte.

Wolfgang Leonhard ist letzter Überlebender der Gruppe Ulbricht, die nach 1945 den Sozialismus in Deutschland installierte. Ein Gespräch über den SED-Staat, die Einheit und die Vorzüge einer großen Bibliothek

Berliner Illustrirte Zeitung: Herr Leonhard, Sie sind einer der führenden Kenner der ehemaligen Sowjetunion und des Kommunismus. Sie leben in dem kleinen Ort Manderscheid in der Eifel. Warum ausgerechnet dort?

Leonhard: Das ist Zufall. Ich habe einmal Freunde in der Eifel besucht. Ich kann hier in Ruhe meine Bücher schreiben und meine gewaltige Bibliothek genießen. Ich darf daran erinnern, dass Werner Höfer aus einem Eifelort kommt und Mario Adorf ebenfalls. Es gibt hier also durchaus interessante Persönlichkeiten.

Ihr neues Buch trägt den Titel “Meine Geschichte der DDR“. Was ist das Persönliche daran?

In den fünf Jahren von 1945 bis 1949 habe ich persönlich am Aufbau des Systems der Sowjetzone mitgewirkt. Dieser Zeitraum wird heute oft übersehen, weil nur noch wenige Zeitzeugen davon berichten können. Und auch nach meiner Flucht habe ich die DDR niemals von außen erlebt.

Wie meinen Sie das? Sie sind doch erst nach der Wende zurückgekehrt, 40 Jahre später.

Wo immer ich gewesen bin, war die DDR mein Hauptthema. Ich lebe seit 1950 in der Bundesrepublik – und doch habe ich über sie noch nie einen Artikel geschrieben, geschweige denn ein Buch. Anders die DDR. Meine Bibliothek hier in Manderscheid hat an die 6000 Bücher, davon kaum welche über den Westen oder die Bundesrepublik. Es gibt nur Bücher über die Sowjetunion, den internationalen Kommunismus – und vor allem: riesige Wände voller Bücher über die DDR.

Sonst nichts?

Einiges mehr. Ich habe zum Beispiel vom 1. Januar 1952 an alle Nummern der “Prawda”, bis 1991, immer eingebunden in Vierteljahresbände. Als diese Zeitung ihr Erscheinen einstellte, war das ein schmerzlicher Verlust für mich. Alle Nummern des “Neuen Deutschlands” habe ich auch – für den ständigen Vergleich Sowjetunion/DDR.

Fühlen Sie sich in der Eifel nicht manchmal ein bisschen im weltpolitischen Abseits?

Orte sind für mich nicht so wichtig. Ich bin kein Reporter, der auf Impressionen angewiesen ist. Ich habe nichts gegen Reporter, aber was sie schreiben, ist unvollständig. Reporter können nur erzählen, was sie sehen und hören. Im Hinblick auf die diktatorische Zeit muss man jedoch analysieren, und das kann man nur, wenn man Parteitagsresolutionen ganz genau liest, nach Hinweisen fahndet auf Schwierigkeiten und Widersprüche, die auch in offiziellen Berichten der Parteiführung mitunter zu erkennen sind.

Wie erlebten Sie Ihre Jahre in der Sowjetischen Besatzungszone? Wann war der Punkt erreicht, als Sie erkannten, dass Sie auswandern mussten?

Ich würde zwei Perioden unterscheiden: zunächst eine antifaschistisch-demokratische, die bis zum Frühjahr 1948 dauerte. Sie war im Wesentlichen mit den Namen Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl verknüpft.

Dann kam die Währungsreform in den Westzonen.

Für mich ein ziemlich unwichtiges Ereignis.

Warum? Sie führte immerhin zur Berlin-Blockade.

Ja, aber für mich war viel wichtiger, was am 16. April 1948 passierte. Es war die fünfstündige Rede Walter Ulbrichts an der SED-Parteihochschule. Mit ihr wurde der Weg in den Einparteienstaat geebnet. Das war auch der Moment, der mir die Augen geöffnet hat. In seiner Rede betonte Ulbricht, die SED sei nun die führende Kraft, und es sei ihre Aufgabe, mithilfe des Staatsapparates unsere eigenen Ziele durchsetzen. Mir wurde heiß und kalt bei diesem Vortrag. Mir war klar: Jetzt gibt es keinen antifaschistisch-demokratischen Block mehr. Jetzt beginnt die verschärfte Angleichung an das stalinistische System der Sowjetunion. Jetzt kam die zweite Periode: die bürokratische Diktatur. Ich erkannte: Hier ist nicht mein Platz.

Aber Sie hatten ja schon vorher genug Gelegenheit, Walter Ulbricht zu beobachten. Sie kannten diesen Mann und seinen Charakter. Wieso waren Sie überrascht?

Bei Ulbricht als Person war ich keineswegs überrascht. Aber bis 1948 waren Wilhelm Pieckund Otto Grotewohl entscheidend, und Ulbricht musste dieses Kräfteverhältnis berücksichtigen.

Sie haben es noch einige Wochen in Berlin ausgehalten.

Bis zum Sommer 1949. Da wurde mir endgültig klar: Wir werden zu einer Provinz der Sowjetunion unter Stalin. Damit gehörte ich der Opposition an. Im Sommer 1948 kam dann Titos offener Bruch mit dem stalinistischen System…

… Sie flohen nach Jugoslawien, waren bei Radio Belgrad Leiter der deutschsprachigen Sendungen und sind von da aus im November in die Bundesrepublik gekommen. Wie haben Sie diesen Staat erlebt?

Ich habe mich ein bisschen fremd gefühlt.

Inwiefern?

Die Mentalität war mir fremd. Ich habe mich in Jugoslawien viel mehr zu Hause gefühlt als in dieser Bundesrepublik. Mein Hauptthema blieb die DDR. Sehr schnell gelang es mir, bei der Zeitschrift “SBZ-Archiv” eingestellt zu werden. Das war die Zeitschrift über die DDR, in der ich mich mit diesem Staat befassen konnte. Ich bin aber auch immer wieder nach Jugoslawien gefahren, zu meinen Freunden. Dort habe ich auch den Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 erlebt.

Welche Bedeutung hat der Aufstand für Sie im Rückblick?

Eine außerordentliche – wenn man endlich von dem engen Begriff DDR absieht. Mit dem 17. Juni 1953 begannen die Aufstände gegen die bürokratischen Diktaturen in Mittel- und Südosteuropa. Er war ein Fanal, das weitergetragen wurde mit dem 20. Parteitag der KPdSU 1956, mit dem polnischen Oktober, mit der gewaltigen ungarischen Revolution, dem Prager Frühling 1968, schließlich der polnischen Solidarnosc-Bewegung – das ist eine Kette. Diese Kette gab mir Hoffnung. Seit den 60er-Jahren war ich der festen Überzeugung, dass das weitergeht und das System zusammenbricht.

Eine wichtige Zäsur der deutsch-deutschen Nachkriegsgeschichte ist der 13. August 1961. Wo waren Sie, als die Mauer gebaut wurde?

Ich war zu Gast bei Werner Höfer im “Internationalen Frühschoppen”. Ich und die anderen Diskussionsteilnehmer kamen also so um zehn, halb elf da an, und da lief gerade die Nachricht vom Mauerbau über den Ticker. Dann diskutierten wir live darüber, noch während es geschah. Ich weiß noch, wie ich sagte: Es kommt jetzt auf die nächsten Stunden an. Wenn in den nächsten Stunden der Bau nicht abgestoppt wird, wenn es nicht zu Gegenmaßnahmen kommt, dann wird die Mauer für Jahre existieren.

Wie erlebten Sie die Reaktion des Westens?

Die Idee lautete leider: Wir lassen sie gewähren, oder es kommt zum Krieg. Das war eine primitive Betrachtung, man sah immer nur Extreme. Es grassierte die Idee, man müsse den Realitäten ins Auge sehen.

“Wandel durch Annäherung”, von Egon Bahr geprägt bei seiner berühmten Tutzinger Rede 1963, wurde zum Slogan der Neuen Ostpolitik.

Dafür war ich auch. Aber dann hieß es: Wir können den Zustand nur verändern, wenn wir Konzessionen an das DDR-System machen. Das konnte ich verstehen, nur wollte ich die Reihenfolge etwas verändern. Eine Diktatur kann man nicht verändern, indem man sich annähert. Annäherung bei Wandel: Das wäre die richtige Losung gewesen.

Über Herbert Wehner schreiben Sie: “Innerhalb kürzester Zeit wurde aus einer Freundschaft die härteste Ablehnung”. Wie kam es dazu?

Ich habe mich natürlich mit Herbert Wehner am meisten verbunden gefühlt, als ich im November 1950 in die Bundesrepublik kam. Er hatte Sachkenntnis; ich fand es sehr gut, dass man in der SPD an wichtiger Stelle jemanden hatte, der sich genau mit der Sowjetunion Stalins auskannte. Doch dann musste ich entdecken, dass er das Ostbüro bekämpfte – die organisatorische Basis der geflüchteten Parteiführer und Mitglieder der SPD nach der Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED. Mit dem Ostbüro war ich sehr verbunden, die schleusten kritische Materialien in die DDR ein. Leute wie Hermann Weberund ich schrieben für das Ostbüro, weckten Nachdenklichkeit und Kritik gegenüber dem System. Und das hat Herbert Wehner unterdrückt. Für mich eine sehr große Enttäuschung.

1987 waren Sie erstmals wieder in der Sowjetunion. Wie war das für Sie?

Ich war 21 Jahre lang Professor an der Yale-Universität in New Haven, von 1966 bis zum Juli 1987. Ich hatte über 30 Jahre auf Reformen in der Sowjetunion gewartet, unter Gorbatschow schienen sie mir nun erkennbar zu sein. Im Juli 1987 hatte ich die Gelegenheit, die Reformbewegung mitzuerleben. Ich begleitete den damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und Außenminister Hans-Dietrich Genscher nach Moskau. Es war atemberaubend.

Haben Sie nicht bei Ihrem ersten Besuch Angst gehabt? In derselben Stadt war 50 Jahre zuvor Ihre Mutter entführt worden.

Es war sehr widerspruchsvoll. Zum einen war die Stimmung viel gelöster. Am Flughafen, als wir ankamen, gab es jedoch eine gespenstische Situation. “Willkommen, Herr Bundespräsident”, stand da auf Transparenten.

Und?

Das war ja sehr schön. Aber es war auf rotes Tuch mit weißer Schrift gemalt, wie zu sowjetischen Zeiten. Als ich das letzte Mal solche Transparente gesehen hatte, hatte “Tod den trotzkistischen Spionen” darauf gestanden.

Die Symbole waren noch die alten.

Man war hin- und hergerissen zwischen der Freude über die positiven Veränderungen und der Erkenntnis, dass die alten Kräfte doch noch sehr stark sind. Und in diesem Widerspruch habe ich die Jahre nach 1987 erlebt. Ich habe nicht gezweifelt an den Reformfähigkeiten und -wünschen der Führung, aber kannte doch sehr gut die bürokratischen Gegenkräfte.

Im Herbst 1989 betraten Sie dann den Boden der DDR. Wie war das?

Ich wurde jubelnd empfangen – als erster Dissident der DDR.

Sehen Sie sich in einer Linie mit Ernst Bloch und Robert Havemann?

Absolut. Ich sehe mich als Bindeglied zu den späteren Dissidenten. In erster Linie aber eng verbunden mit Ernst Bloch. Später ist er ja auch geflohen, 1961, und da haben wir uns im Westen und in Jugoslawien getroffen.

Mit welchen Gefühlen blicken Sie heute auf den Verlauf der deutschen Einheit zurück?

Es stimmt mich traurig, dass die Menschen, die so mutig waren, gegen die Diktatur aufzustehen und eine friedliche Revolution einzuleiten, mehr und mehr isoliert wurden. Von meinem Standpunkt aus war das eine überhastete Vereinigung.

Was trennt Ost und West heute?

Alle westlichen Vorurteile gegenüber der DDR-Bevölkerung sind heute stärker. Und umgekehrt gilt das auch, vielleicht noch mehr.

Vor ein paar Wochen wurde der Film “Das Leben der Anderen” mit einem Oscar ausgezeichnet. Haben Sie ihn gesehen?

Ja. Ich finde ihn ausgezeichnet, weil er all die Widersprüche des Systems und der Menschen in ihm zeigt. Wandlungen: Das ist das Entscheidende für Menschen, die in einer Diktatur leben, noch dazu in einer solchen.

Der Film spielt in Berlin. Welches Verhältnis haben Sie heute zu dieser Stadt?

Ein starker Anziehungspunkt. Ich habe hier ja meine Kindheit verbracht, in der Künstlerkolonie am Breitenbachplatz. Ich war ein zehn-, elfjähriger Junge, der viele kannte aus der Nachbarschaft, Erich Weinert etwa oder Ernst Busch: Dann habe ich Berlin 1945 erlebt, den Neuaufbau – das sind Erinnerungen, die einen sehr stark prägen. Ich fahre häufig nach Berlin, so häufig es geht, aber dann sehne ich mich auch nach der Eifel zurück.

Das Gespräch führte Felix Müller.

Wolfgang Leonhard: Meine Geschichte der DDR. Rowohlt, Berlin. 267 S., 19,90 Euro.

© Berliner Morgenpost – Alle Rechte vorbehalten.





Gedenken an Rosa Luxemburg

Eine Steintafel im Gehweg vor dem Haus in Berlin Wilmersdorf, Mannheimer Straße 27, erinnert an den letzten Zufluchtsort von Rosa Luxemburg vor ihrer Ermordung.

Foro: KHMM Die Gedenktafel für enthüllt am 15.1.1990

 

Rosa Luxemburgs Geburstag der 5. März 1871 steht unmittelbar bevor. Wir möchten dies zum Anlass nehmen an diese einflussreiche und inspiriende Frau zu erinnern. Uwe Souku erinnerte 2010 im Tagesspiegel mit nachfolgendem Artikel an Rosa Luxemburg

Luxemburg und Liebknecht

Das letzte Versteck

Mannheimer Straße Nummer 43: Im Haus am Volkspark Wilmersdorf wurden Luxemburg und Liebknecht gefangengenommen.

Ein unscheinbares Haus in der Mannheimer Straße in Wilmersdorf. Immer wieder ist es verputzt worden, aber richtig schön will es einfach nicht werden. Die Fassade bröckelt überall. Im Treppenhaus hängt ein Kronleuchter und an der Wand vier Spiegel mit Goldrahmen. Der gekachelte Fußboden ist alt und ausgetreten.Dass hier, heute Hausnummer 27, im Jahr 1919 Nummer 43, Historisches stattfand, sollte vor 20 Jahren nicht an der Hauswand zu lesen sein. So kam es, dass das Bezirksamt Wilmersdorf im Januar 1990 eine Platte vor dem Haus im Bürgersteig einließ, auf der geschrieben steht, dass hier im Januar 1919 Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ihre letzte Zuflucht fanden.
Die Mitglieder der Wilmersdorfer Bürgerwehr, Bruno Lindner und Wilhelm Moering, dem späteren Reichswehrminister Gustav Noske (SPD) untergeordnet, klingelten am 15. Januar gegen 20 Uhr bei der Familie Marcusson. Sie hätten einen Hinweis erhalten. Karl Liebknecht versuchte noch, sich zu entfernen, wird aber anhand seiner Papiere identifiziert.Eine verdächtig auffallende Frau fragen die Häscher, ob sie Fräulein Luxemburg sei. Sie antwortet: „Frau Luxemburg.“ Damit ist die Sache klar. Rosa Luxemburg leiht sich noch schnell ein paar warme Strümpfe von Frau Marcusson, bei der sich die beiden seit zwei Tagen versteckten. Als Rosa Luxemburg viereinhalb Monate später aus dem Landwehrkanal gezogen wird, erkennt Frau Marcusson diese Strümpfe und weitere Kleidungsstücke wieder.
Die Verhafteten wurden zum Eden-Hotel transportiert. Dort residierte Hauptmann Waldemar Pabst, Chef der Gardekavallerie-Schützen-Division, ein kaisertreuer Militarist ohne Kaiser. Nachdem er einige Tage zuvor Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht auf einer Versammlung hatte sprechen hören, war er zu der Erkenntnis gelangt, diese „geistigen Führer der Revolution“ umbringen zu lassen. „Man musste den Beschluss fassen, vom Rechtsstandpunkt abzuweichen“, rechtfertigte er sich später. Er ließ die beiden suchen.
Am Abend des 15. Januar hatte er sie in seiner Gewalt. Bei der Durchführung der Tat ließ ihm Noske freie Hand. Er könne den Befehl zur Ermordung zwar nicht geben, denn daran würde die Partei zerbrechen. Er, Pabst, müsse selbst wissen, was zu tun sei. Die Entscheidung des Hauptmannes war folgenreich und beschäftigt uns bis heute. Sie hat die KPD dumm und ob der Morde wütend gemacht – und kopflos. Die SPD lässt es bis heute nicht an sich heran, welch brutale Tat ihr Volksbeauftragter Noske billigte. Die Spaltung der Arbeiterbewegung, mithin die Spaltung der Revolution, raubten der neuen Republik, die ja Ergebnis dieser Revolution war, die Grundlage. Die Feinde dieser Republik, zu denen Pabst zweifelsohne gehörte, hatten bald leichtes Spiel. So ist die Mannheimer Straße ein historischer Ort geworden. Ein Historiker schrieb, sie ende in der Lagerstraße von Auschwitz. Geographisch trifft das nicht zu. Die Mannheimer Straße beginnt am Fehrbelliner Platz und endet am Volkspark Wilmersdorf.





Erinnerung an Ewald Wenck

Erinnern Sie sich an Ewald Wenck ? Unser 2. Vorsitzende hat sich ‘Opi Dopi’ gewidmet und ein 80 seitiges Buch als Erinnerung an diesen in Berlin über seine Radiosendungen im RIAS Berlin sehr populären Berliner aus seinen eigenen Aufzeichungen und den Erinnerungen seiner Ehefrau Dagmar Wenck erstellt. Neben den kurzweiligenTexten sind auch etliche Fotos, ein Namensverzeichnis und eine Filmografie mit über 250 Filmen, in denen Ewald Wenck mitgespielt hat, enthalten.

Sie. können das Buch unter Printangebot finden und bestellen.

Wir wünschen eine unthaltsame Lektüre.





Zentral- und Landesbibliothek Berlin

All unsere Druckerzeugnisse des Künstlerkolonie Berlin e.V. über die historische Berliner Künstlerkolonie sind seit heute auch im Berlin Archiv der Zentral- und Landesbibliothek Berlin kategorisiert und verfügbar.

Danke Berlin

 






Damals war’s …

 

 

Damals war’s …

 

Unter diesem Titel lief jahrelang erfolgreich eine Sendung im RIAS Berlin u.a. mit unserem ehemaligen Bewohner Ewald Wenck 

Nach Kriegsende wurde Wenck in Deutschland vor allem durch seine Mitwirkung in dem RIAS-Rundfunkkabarett Die Insulaner sowie in den RIAS-Hörspielserien Pension Spreewitz und als Erzähler in Damals war’s – Geschichten aus dem alten Berlin populär. In 282 RIAS-Sendungen trat er danach ab dem 27. Januar 1970 als der älteste DJ der Welt in „Ewalds Schlagerparade“ (Autor: Michael Alex) bis zum 26. Januar 1981 auf, die er regelmäßig mit den Worten „Opi Dopi“ und „Hallo Fans, hier ist wieder Ewalds Schlagerparade – Eine moderne Hitsendung für reife Hörer“ moderierte.

 

Wir möchten zu Ehren von “Opi Dopi” und in Anbindung an die populären Sendungen des RIAS Berlin daran anknüpfen und Ihnen zukünftig monatlich einen Bewohner der historischen Künstler kolonie unter der Rubrik

 

 

in Erinnerung rufen. Wenn Ihnen in diesem Zusammenhang selbst Erinnerungen einfallen melden Sie sich bitte bei uns damit wir dies mit einbinden können.

Ihre Kueko




Kueko war dabei…Berlin in der Revolution 1918/19 Fotografie, Film, Unterhaltungskultur

Im Museum für Fotografi ist noch bis Anfang März 2019 eine sehr interessante Foto-Sonderausstellung zu sehen die wir heute besucht haben.

 

Die Revolution im Winter und Frühjahr 1918/19 entschied sich in den Straßen der Reichshauptstadt Berlin. Mit Demonstrationen vor Reichstag und Schloss feierten die Berlinerinnen und Berliner am 9. November 1918 die Abdankung des Kaisers, im Zeitungsviertel wurden im Januar 1919 aus Druckpapierrollen die Barrikaden der Spartakisten gegen die anrückenden Regierungstruppen errichtet, über die Frankfurter Allee zog nach dem Ende der Kämpfe der große Trauerkondukt zum Friedhof in Friedrichsfelde. Mit dabei waren immer die Pressefotografen, die mit ihren großen Plattenkameras die Redner in der Menge, die Soldaten hinter den Maschinengewehren, die Plakatwagen der Parteien für die Wahlen zur Nationalversammlung sowie die zerstörten Häuser und verwüsteten Plätze aufnahmen. Doch gleichzeitig ging der Alltag in der Stadt weiter, besuchten die Menschen die vielen Kinos mit ihrem expandierendem Filmangebot, amüsierten sich in Revuen und Kabaretts, tanzten Two-Step und Foxtrott. Die Ausstellung im Museum für Fotografie zeigt gleichermaßen eine fotografische Bildgeschichte der Revolution in Berlin wie ein Panorama der Unterhaltungskultur dieser Monate.

Wir konnten diverse Künstler erkennen die später Gründungsmitglieder oder Bewohner der Berliner Künstlerkolonie waren.

Wer Interesse hat hier gibt es mehr informationen.






Berlin sagt Danke dem Engagement Berliner Frewilliger !

 

Berlin sagt Danke!

Am 16. Februar 2019 würdigen der Berliner Senat und das Abgeordnetenhaus von Berlin das Engagement der Berliner Freiwilligen. Zahlreiche Kultur- und Freizeiteinrichtungen bedanken sich mit kostenlosem Eintritt.

Das Programm finden Sie hier 

Wir sagen auch D A N K E all unseren Mitgliedern, Freunden und Unterstützern !





Gedenken an Chris Gueffroy . Ein Stück Berliner Geschichte

 

 

Gedenken an Chris Gueffroy 

22 Schüsse, einer ins Herz

Der 20-jährige Chris Gueffroy wurde als letzter DDR-Bürger bei einem Fluchtversuch an der Berliner Mauer erschossen.

Sarah Borufka in Berliner Morgenpost, 06. Februar 2019

Berlin.  An diesem eisigen Januarmorgen, bei minus fünf Grad, geschieht an dieser im Winter wirklich tristen Stelle vor der Jacobs-Fabrik in Neukölln das, was Gedenkorte im besten Fall bewirken sollen: echtes Gedenken. Hier wurde vor 30 Jahren, in der Nacht vom 5. auf den 6. Februar 1989, Chris Gueffroy getötet, als letzter DDR-Bürger bei einem Fluchtversuch an der Berliner Mauer erschossen. Heute erinnert eine rostbraune Stele am Ufer des Britzer Verbindungskanals an ihn.

Eine, die seine Geschichte immer wieder erzählt, ist Birgit Hillmer, die als Zeitzeugin Schulklassen durch die Gedenkstätte Hohenschönhausen führt und versucht, den Kindern und Jugendlichen das Ausmaß der Gräuel des DDR-Regimes bewusst zu machen. Doch wie gelingt es, jungen Menschen eine Zeit nahezubringen, die für sie längst graue Vergangenheit ist?

Chris Gueffroy wurde nur 20 Jahre alt.
Foto: Peter Rondholz / ddp images/dapd

Hillmer, die wir an der Stele zum Fototermin treffen, hat mit den Jahren festgestellt: Chris Gueffroy, der mit nur 20 Jahren starb, weil er in Freiheit leben wollte, eignet sich schon allein wegen seines Alters, aber auch wegen seiner Motive als Identifikationsfigur für junge Menschen. „Wenn ich von ihm erzähle, begreifen die meisten Schüler, dass man sich nicht nur wegen Jeans und Bananen für eine Flucht entscheidet“, sagt sie. Die 58-Jährige hat eine forsche, unaufgeregte Art, die Dinge zu benennen. Auch nach 16 Jahren in Berlin hört man ihr die fränkische Herkunft noch deutlich an. Hillmer ist aufgewachsen in Sonneberg, im Süden Thüringens.

Außer uns ist hier an diesem Dienstagvormittag sonst niemand unterwegs – bis auf einen Spaziergänger mit Hund. Der Mann, der seit mehr als drei Jahrzehnten ganz in der Nähe wohnt, spricht uns an, und wenig später erzählt er von der Nacht, in der Gueffroy erschossen wurde. „Ich habe die Schüsse gehört und zu meiner Frau gesagt: Die haben bestimmt danebengeschossen, die schießen doch heute nicht mehr auf Menschen“, sagt er. Und so kommen der Anwohner und Birgit Hillmer ins Gespräch, reden über den Schießbefehl an der Mauer, über Gueffroy und das DDR-Regime. Und der Tod des jungen Mannes ist in diesem Moment nicht vergessen.

Zeitzeugin Birgit Hillmer spricht mit Schülern über die DDR und berichtet auch von Chris Gueffroy. „Wenn ich von ihm erzähle, begreifen die meisten, dass man sich nicht nur wegen Jeans und Bananen für die Flucht entschied“, sagte sie.
Foto: Amin Akhtar

Seine Mutter hörte von

ihrer Wohnung die Schüsse

22 Mal schossen Grenzsoldaten am 5. Februar 1989, kurz vor Mitternacht, auf den 20-Jährigen, zwei Kugeln trafen ihn, eine davon zerriss seinen Herzmuskel. Auch Chris Gueffroys Mutter Karin hörte von ihrer Wohnung aus die Schüsse, die ihren Sohn töteten. Von seinem Tod erfuhr sie allerdings erst zwei Tage später. Nach Gueffroys Tod wurde der Schießbefehl an der Mauer aufgehoben, wenige Monate später fiel die Mauer, ein Umstand, der seinem Schicksal eine besondere Tragik verleiht.

Gueffroys Geschichte ist zeitlos. Es ist die eines jungen Mannes, der von einem Leben träumte, das größer ist als das, was er kennt. Der aber das Pech hatte, in einem Staat aufzuwachsen, in dem genau solche Träume unerwünscht sind. Gueffroy hat in Berlin die Sportschule des SC Dynamo besucht, war in seiner Jugend Leistungssportler, Turner. Als Jugendlicher ging er auf die Polytechnische Oberschule „Otto Buchwitz“. Nach der Schule weigerte er sich, eine Offizierslaufbahn bei der Nationalen Volksarmee (NVA) einzuschlagen. Das Abitur wurde ihm daraufhin verwehrt. So zerschlug sich auch sein Berufswunsch, Pilot zu werden. Stattdessen machte er eine Ausbildung zum Kellner im Flughafenhotel Schönefeld, bediente dort auch Gäste aus dem Westen, erhielt großzügiges Trinkgeld, mit dem er sich aber seinen Wunsch, in Freiheit zu leben, auch nicht kaufen konnte.

Gegenüber der Stelle, wo Chris Gueffroy erschossen wurde, errichteten Menschen ein Holzkreuz zum Gedenken (l.). Heute erinnern eine Stele und auch die Chris-Gueffroy-Allee in Treptow an ihn.
Foto: Fotoreport-DB / dpa

Gueffroys Entscheidung zu fliehen reifte allmählich. Wie bestimmt man im Nachhinein den Punkt, an dem etwas gekippt ist, an dem die Angst vor der Flucht weniger schwer wog als die Sehnsucht nach Freiheit? Chris Gueffroys Mutter, die Medienauftritte meidet, sagte in einem ihrer seltenen Interview 2014 gegenüber der Zeitung „Die Welt“, ihr Sohn habe schon länger darüber nachgedacht zu fliehen. Als eine Freundin der Mutter in den Westen ausreiste, fragte Gueffroy sie: „Warum bleiben wir noch hier, wenn alle gehen?“ Ihren Einwand, dass sie beide niemanden im Westen kannten, schmetterte er ab. „Mutti, das reicht nicht fürs Leben: Arbeit, ein kleines Auto, Geld auf der Bank. Das ist zu wenig“, so zitierte ihn seine Mutter im Interview.

Zur Sehnsucht nach mehr Leben kam die Angst durch Schikanen seitens des Systems. Im Januar 1989 erfuhr Gueff­roy, dass er bis zum Mai zum Wehrdienst eingezogen werden soll. Gemeinsam mit seinem Freund Christian Gaudian schmiedete er einen konkreten Plan zu fliehen. Über die Mauer, rund zwei Kilometer von seiner Wohnung an der Südostallee in Treptow entfernt. Am Abend des 5. Februar machten sich die beiden Freunde gegen 21 Uhr auf. Eine Stunde lang versteckten sie sich in der Kleingartenkolonie „Harmonie“ nahe der Mauer in einem Schuppen, beobachteten die Grenzanlage. Schließlich, gegen 23.30 Uhr, verließen sie den Schuppen. Chris half seinem Freund per Räuberleiter auf die Hinterlandmauer, Gaudian zog ihn nach, als er oben saß.

Chris Gueffroys Mutter (oben, 3.v.r.) erreichte, dass ihr Sohn nicht anonym begraben wurde, sondern beerdigt werden konnte – am 23. Februar 1989.
Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Gueffroy rechnete nicht damit, dass die Grenzsoldaten schießen. Ein Freund, der ebenfalls an der Grenze diente, hatte ihm erzählt, dass der Schießbefehl aufgehoben sei. Die beiden Männer machten sich über den Todesstreifen auf in Richtung Mauer, überwanden den Signalzaun, lösten um 23.39 Uhr einen Alarm aus. Sirenen heulten, Gueffroy und Gaudian wurden vom Flutlicht geblendet.

Grenzsoldaten eröffneten mit Kalaschnikows das Feuer auf die beiden jungen Männer, die immer noch versuchten, ein Metallgitter zu überwinden – das letzte Hindernis auf ihrem Weg in die Freiheit. Einer der Grenzer, Ingo H., war damals nur drei Jahre älter als Gueffroy. Er zielte aus 40 Meter Entfernung auf den jungen Mann, traf ihn erst am Fuß. Gueffroy hob die Hände, doch da durchschlug die zweite Kugel sein Herz. 15 Minuten nach Mitternacht war er tot, sein Freund Gaudian überlebte schwer verletzt. Er kam in der DDR in Haft, wurde sieben Monate später von der Bundesregierung freigekauft.

Gueffroys Mutter wurde nach dem Tod ihres Sohnes stundenlang verhört, die Staatssicherheit behauptete, er habe einen Anschlag auf eine militärische Einrichtung verübt. Da war seine Leiche schon eingeäschert worden. Später berichtete sie, sie sei in den Wochen nach dem Tod ihres Sohnes zu einer Form aufgelaufen, welche die Stasi sicher nicht von ihr erwartet hätte. So schaffte sie es, eine Bekannte nach West-Berlin zu schicken, die die Nachricht vom Tod ihres Sohnes an den Sender Freies Berlin (SFB) übergab. So kam es, dass, während die Zeitungen in Ost-Berlin schwiegen, der Tod von Chris Gueffroy in der „Abendschau“ des SFB vermeldet wurde. Gueffroy wurde nicht, wie andere Maueropfer, anonym begraben, sondern auf dem Friedhof Baumschulenweg im Beisein von 120 Menschen beigesetzt. Seine Mutter nannte es später „ihre kleine Rache“ an der DDR.

Die vier Soldaten erhaltenein Leistungsabzeichen

Die vier Soldaten, die an Gueffroys Tod beteiligt waren, erhielten ein Leistungsabzeichen und je 150 DDR-Mark Prämie. Nach der Wiedervereinigung wurde Gueff­roys Todesschütze 1991 in Berlin zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Bei diesem Prozess war die Mutter dabei, die Schützen vermieden den Blickkontakt. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil später auf, verhängte eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.

„Was macht das mit einer Mutter, wenn die Mörder ihres Sohnes nur wenige Monate nach der Tat einfach so nach West-Berlin laufen können?“, fragt Birgit Hillmer. Es ist eine rhetorische Frage. Hillmer hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, gegen jede Art der DDR-Nostalgie auf die Barrikaden zu gehen. Dabei ist ihre eigene Rolle im damaligen Regime auch durchaus kritisierbar. Hillmer, Tochter einer Lehrerin und eines Ingenieurs, die beide „mehr als mitgelaufen sind“, wie sie selbst sagt, machte Abitur, wurde Lehrerin für Geschichte und Staatsbürgerkunde. Einer der zentralen Leitsätze der damaligen Arbeit an Schulen: „Schüler müssen zum Hass und zur Verachtung auf den imperialistischen Klassenfeind erzogen werden.“ Doch Hillmer glaubte nicht an das, was sie unterrichtete. „Aber das Studium abzubrechen, war auch keine Option. Jeder wusste, dass man danach kein zweites Studium machen durfte“, sagt sie. „Ich habe mich geschämt, wenn ich vor der Klasse stand und unterrichtete. Ich wusste, dass meine Schüler das, was ich sage, nicht glauben – und dass sie auch wissen, dass ich nicht daran glaube.“

Heute nennt sie die DDR eine „Erziehungsdiktatur“, hat ihre Rolle im Regime immer wieder kritisch hinterfragt, sich auf eigene Faust mit Pädagogik­seminaren fortgebildet und in den 90er-Jahren weiter als Lehrerin gearbeitet. Ihre leidenschaftliche Kritik am DDR-Regime und den einstigen Lehrmethoden brachte ihr an einer Schule in ihrer Heimat Thüringen im Kollegium einen Ruf als „Wendehals“ ein. Nach massivem Mobbing verließ sie das Gymnasium schließlich.

Als freie Mitarbeiterin der Gedenkstätte Hohenschönhausen sieht sie ihre Aufgabe auch darin, Schülern ein Verständnis für die Demokratie und das Privileg ihrer Freiheit zu vermitteln. „Den meisten ist zum Beispiel gar nicht klar, wie wenige von ihnen in der DDR überhaupt das Abitur machen und studieren konnten“, sagt sie. „Wie sehr der Erfolg und das eigene Leben von dem System und der eigenen Rolle darin abhing. Für die meisten ist das jedes Mal ein Aha-Moment.“

Gueffroys Tod jährt sich in diesem Jahr zum 30. Mal. Eine ganze Generation ist seitdem herangewachsen, die das Land, aus dem er fliehen wollte, gar nicht mehr kennt. Für die Freiheit ganz selbstverständlich ist, sagt Hillmer. Und die genau deshalb seine Geschichte kennen sollte.

Die DDR und der Schießbefehl an der Grenze

Mindestens 140 Menschen wurden zwischen 1961 und 1989 an der Berliner Mauer erschossen oder kamen unter anderen Umständen ums Leben, so die Gedenkstätte Berliner Mauer. An der gesamten innerdeutschen Grenze waren es mindestens 327, das ergab eine Studie der Bundesregierung im Jahr 2017. Über die genauen Zahlen wird noch immer geforscht – auch weil die DDR die Opfer nach Möglichkeit verheimlichte.

Auch über die Frage, ob es überhaupt einen Schießbefehl an der DDR-Grenze gab, wurde viel gestritten. Noch 2007 relativierten ihn Linke-Politiker wie etwa der damalige Parteichef Lothar Bisky, der in einem Interview sagte, er kenne kein entsprechendes Dokument. Nach Ende der DDR wurden jedoch immer mehr Quellen dafür bekannt.

Bereits am 22. August 1961, neun Tage nach dem Mauerbau, hatte Staatschef Walter Ulbricht gesagt: „Wer provoziert, auf den wird geschossen.“ 1974 zitierte ein Protokoll des Nationalen Verteidigungsrates den damaligen Staatschef Erich Honecker: „Nach wie vor muss von der Schusswaffe rücksichtslos Gebrauch gemacht werden, und es sind die Genossen, die die Schusswaffe erfolgreich angewandt haben, zu belobigen.“

Erst unter dem Druck der politischen Veränderungen hob Honecker den Schießbefehl, der angeblich nie existiert hatte, Anfang April 1989 schließlich auf.

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