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Die Bilder meines Vaters – Astrid Goltz

Interview Wümme Zeitung:

Warum Mieke? Wie bin ich drauf gekommen?

1) Ich wollte einen Roman schreiben, der in der Zeit zwischen den Weltkriegen spielt, mit einer jungen Frau im Zentrum, die z.B vom Land in die Hauptstadt zieht, die politischen Ereignisse und neuen  Möglichkeiten miterlebt: das Ende der Kaiserzeit, repräsentative Demokratisches oder sozialistisches Räte-System, Frauenwahlrecht und Befreiung auf vielen Ebenen, das Berlin der 20er Jahre, und wie dies alles von den Nationalsozialisten in Frage gestellt und später zerstört wird. Warum? Weil wir in einer Zeit leben, in der Rechtspopulisten unser demokratisches System in Frage stellen, und weil es immer gut ist zu fragen: wo kommen wir her, wenn es darum geht, wo wir hin wollen.

2) Über ihren weit über Worpswede und Bremen hinaus bekannten Vater. Heinrich Vogeler fasziniert mich als Mensch und Künstler, der Kunst und Leben nie getrennt hat und der mindestens 2 Mal in seinem Leben eine radikale Metamorphose vollzogen hat: vom Liebling des Bürgertums mit seinen sehnsuchtsvollen Märchenbildern und dem wundervoll filigranen Buchschmuck im Jugendstil hin zum Pazifisten und basisdemokratischen Kommunarden, der seinen Barkenhoff mit den weißen Giebeln und dem Rosengarten in eine Landkommune mit Gemüseanbau zur Selbstversorgung verwandelt. Damit wechselt er auch zur expressionistischen Plakatkunst. Die zweite Wandlung vollzieht sich in den 20er Jahren, als er der Kommunistischen Partei und damit dem Weg zum Staatssozialismus beitritt, nach Berlin zieht und später nach Moskau auswandert, wo er seine Komplexbilder und eine Art idealistischen Realismus ausprägt. Er hat sich in seinem Leben gesellschaftlichen und künstlerischen Strömungen nicht nur angeschlossen, sondern hat konsequent Kunst und Leben verschmelzen lassen. Er war ein Visionär, aber kein Träumer, sondern einer, der sofort den “Spaten in die Hand nimmt, um seine Träume in die Realität hineinzuschaufeln”.

3) Wie würde eine Tochter mit diesen Wandlungen des Vaters umgehen? Eine Tochter, die im weißen Reformkleid im Rosengarten des Barkenhoffs laufen lernt und nach dem 1. Weltkrieg einen ganz anderen Vater zurückbekommt? Die sich auf ihre Art und Weise emanzipiert und die Welt sehen will? Ich wollte zuerst über einen Vogeler-artigen Vater und seine Tochter schreiben.

4) An dieser Stelle habe ich recherchiert und herausgefunden: Es gab diese Tochter, die ich mir in meinem Kopf zurechtgelegt hatte: sie hieß Mieke, hat ihren Vater geliebt und ihm nachgeeifert, aber es gab auch Reibungspunkte. Sie lernte in Bremen Goldschmiedin, lebte später mit ihrem Lebensgefährten, dem Schriftsteller Gustav Regler, in Berlin, emigrierte mit ihm nach der Machtübernahme der Nazis nach Paris, besuchte ihren Vater in Moskau und rettete sich vor dem Einmarsch der Nazis nach Paris mit Gustav auf ein  Schiff nach Mexiko. Ein so spannendes Leben, dass ich darüber schreiben wollte, über die historische Person.

– Recherche und Reisen
Ich bin an die Lebensorte von Mieke gereist, zu ihren Wohnadressen in Worpswede, Bremen, Berlin und sogar Paris. Ich habe in den Museen und Archiven durch Familienalben und viele Briefe gestöbert und habe mit den Urenkelinnen Heinrich Vogelers gesprochen. Mein Ziel ist es, an diesen Orten auch Lesungen abzuhalten, um Miekes Leben und Wirken an diesen Orten wieder aufleben zu lassen. In Worpswede habe ich vor Erscheinen des Romans beim Sommerfest des Hauses im Schluh gelesen. Der Verlag organisiert jetzt in Worpswede und Bremen eine Lesung. In Berlin bin ich mit dem Verein der Bruno-Taut-Siedlung in Kontakt und werde in der Künstlerkolonie Berlin lesen (Wilmersdorf).

– Was ist das Besondere an Mieke?
Sie hat einen sehr genauen Blick: auf die kleinen Dinge, was man als Goldschmiedin braucht, es heißt, sie fand überall 4-blättrige  Kleeblätter. Damit war ihr das Visionäre ihres Vaters eher fremd. Statt in die Ferne ging ihr Blick mehr In die Tiefe, z.B. was den Charakter von Menschen angeht.

Sie war eine talentierte Zeichnerin und Goldschmiedin, sogar Modedesignerin, mit einem ausgeprägten ästhetischen Verständnis. Das reichte zu ihrer Zeit aber nicht, um von Kunsthandwerk oder Kunst leben. zu können, zumal von ihr als Frau zusätzlich Haushalt und Sorgearbeit verlangt wurden, sie sich die Zeit für ihre eigentliche Arbeit oder Berufung also freikämpfen musste.

Auf den Fotos fällt ihre ätherische, feinsinnige Art ins Auge. Weiße Kleider, kunstvoll gesteckte Haare wie ihre Mutter. Außerdem der gleiche sehnsuchtsvoll in die Ferne schweifende Blick wie ihr Vater als junger Mann. Wahrscheinlich hatte sie das Träumerische von ihrem Vater, aber nicht seine konsequente Art, Dinge umzusetzen. Sie orientiert sich lieber an anderen und folgt, statt zu führen. Deshalb ist ihre Emanzipation im Roman eine späte. Erst in Mexiko, gezeichnet von einer schweren Erkrankung, befreit sie sich innerlich von ihren Fesseln, so dass sie erst im Sterben lernt, selbstbestimmt zu leben.

Die Familie beschreibt sie als Antifaschistin, ohne dass sie sich laut zu Wort gemeldet oder die nicht über Emigration nachdenkenden Freunde oder Familienmitglieder konfrontiert hätte. Gustav beschreibt sie als klug und introvertiert. Sie war zart bis zerbrechlich vom Äußeren, konnte aber einen erstaunlichen Mut aufbringen, wenn sie es für nötig empfand, als sie z.B. zum schwerkranken Gustav im Spanischen Bürgerkrieg auf eigene Faust durchschlug.

– Wer sollte den Roman lesen?
Alle Menschen, die Interesse an den Vogelers und Worpswede haben. Darüber alle, die wie ich die Vergangenheit verstehen wollen, um in die Zukunft blicken zu können. Und alle, die Lust auf historische Frauenfiguren und ihre Emanzipationsgeschichte haben.

– Was ist Fiktion, was geschichtlich gesichert?
Ich habe mich an Lebensdaten der Personen und an geschichtliche Daten so gut es ging gehalten. Wie die Personen hinter ihren Handlungen gedacht haben, ihr Motive und Emotionen sind meine Fiktion. Ich habe meine Themen: Romantik, Utopien, weibliche Emanzipation in den Text hineingewebt. Das schreibe ich auch im Schlusswort.

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Sommerfest 2024

Liebe Freunde der Künstlerkolonie Berlin,

auch für dieses Jahr planen wir ein Sommerfest für das Wochenende 29./30. Juni 2024 und freuen uns über künstlerische Beiträge, Performances, Literaturbeiträge usw. Möchten Sie sich gern einbringen oder präsentieren, dann lassen Sie uns dies bitte mittels des untenstehenden Formulars wissen, wir melden uns dann bei Ihnen.

Sommerfest 2024
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Nova Innovation Award 2024 der Digitalpublisher und Zeitungsverleger

Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) schreibt zum achten Mal den Nova Innovation Award aus. Bis zum 29. März haben Unternehmen die Möglichkeit, sich mit ihren Projekten zu bewerben.

Der Award würdigt innovative Leistungen auf allen Feldern: für die lesende Zielgruppe, für Werbekunden oder für das Neugeschäft von Verlagen. Der Preis wird je einmal in den Kategorien Produktinnovation, Vermarktungsinnovation und Neue Geschäftsfelder vergeben.

Eingereicht werden können innovative Produkte, Projekte und Konzepte, die deutsche Zeitungen seit 2023 entwickelt haben. Die Ausschreibungsunterlagen sind unter https://www.bdzv.de/awards/nova abrufbar. Unterstützt wird der BDZV bei diesem Projekt von der Hamburger Unternehmensberatung HIGHBERG (vormals Schickler).

Über die Preisvergabe entscheidet eine unabhängige Jury: Katja Fleischmann (Product Manager DRIVE / dpa), Berlin; Dirk von Gehlen(Director Think Tank am SZ-Institut, Süddeutsche Zeitung), München; Sebastian Horn (Director AI der ZEIT Verlagsgruppe und stellvertretender Chefredakteur von ZEIT ONLINE), Hamburg/Berlin; Hendrik Langen(Geschäftsführer, HIGHBERG), Hamburg; Freya Oehle (Start-up-Gründerin), Hamburg; Larissa Pohl (CEO WPP Open X Europe Lead for TCCC und GWA-Präsidentin), Frankfurt am Main; Lea Thies (Leiterin Günter Holland Journalistenschule, Augsburger Allgemeine), Augsburg; Nico Wilfer (Chief Product Officer Frankfurter Allgemeine Zeitung und BDZV Ressortvorstand Trends & Innovation), Frankfurt/Berlin.

Die Jury wird im Frühjahr pro Kategorie drei Projekte nominieren. Die Entscheidung über die Preisträgerinnen und Preisträger sowie ihre Auszeichnung findet beim BDZV-Digitalkongress #beBETA am 10./11. Juni 2024 in Berlin statt.

Der BDZV hat 2017 erstmals den Innovationspreis ausgelobt. Die Nova-Bilanz bisher: 365 Einreichungen – 62 Nominierungen – 21 Prämierungen sowie drei Sonderpreise. Die bisherigen Nominierungen und Preisträger sind ein Spiegel der Zeitungsbranche mit Teilnehmern aus kleinen wie großen Medienhäusern quer durch ganz Deutschland. Sie sind auch ein Zeichen für die Innovationsfähigkeit der Zeitungsbranche, die heute digital und gedruckt unserer modernen Gesellschaft mit ihren unterschiedlichen Ansprüchen und Wünschen so viel zu bieten hat wie nie zuvor. Alle Informationen zum Nova Innovation Award erhalten Sie auf https://www.bdzv.de/awards/nova.

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The Sound of Dialogue – Gemeinsam Zukunft bauen

Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) in Berlin nimmt mit großer Freude und Engagement an der Woche der Brüderlichkeit teil, einem bedeutenden Ereignis, das seit 1952 jährlich stattfindet. Diese Woche symbolisiert die kontinuierliche und tiefe Verpflichtung zur Förderung des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen der christlichen und jüdischen Gemeinschaft in Deutschland. Der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses wichtige Ereignis auszurichten und somit die Brücken zwischen den beiden Glaubensgemeinschaften weiter zu stärken.

Die Woche der Brüderlichkeit geht über bloße Gespräche hinaus und zielt darauf ab, die historische Verantwortung der Aufarbeitung des Holocaust ernst zu nehmen. Durch Bildungsarbeit, kulturelle Veranstaltungen und Diskussionsforen fördert die GCJZ in Berlin das Verständnis und die Anerkennung der jüdischen Kultur und Geschichte. Diese Aktivitäten dienen auch dazu, Vorurteile abzubauen und ein tieferes Verständnis für die Vielfalt und Komplexität beider Traditionen zu schaffen.

Seit 1968 wird im Rahmen der Woche der Brüderlichkeit die Buber-Rosenzweig-Medaille verliehen, eine Auszeichnung, die Personen oder Institutionen ehrt, die sich außergewöhnlich für den christlich-jüdischen Dialog einsetzen. Diese Medaille steht symbolisch für die Hoffnung und das Engagement, die jüdisch-christlichen Beziehungen auf eine Ebene des gegenseitigen Respekts und der tiefen Achtung zu bringen.

Programmheft 2024