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Albert Steinrück…Damals war’s…

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Das Leben ist eine Rutschbahn

Ein letzter Triumph des preußischen Staatstheaters 

Am 28. März 1929, um 23 Uhr kam es in Berlin zu einem Theaterereignis welches in die Theatergeschichte Berlins eingehen sollte und bis heute kein vergleichbares Ereignis solcher Bühnenkraft stattgefunden hat.

Die Gedenkfeier für Albert Steinrück

In memoriam

Albert Steinrück. Bühnen- und Filmschaupieler, Regisseur, Direktor; geboren am 20. Mai 1872 in Wetterburg/Waldeck, gestorben am 11. Februar 1929 in Berlin. – Wesentliche Stationen: Schillertheater und (1905 bis 1908) Max Reinhardt Deutsche Theater Berlin; Hof- beziehungsweise Staatstheater München (1908 bis 1920); dann wieder Berlin, Deutsches Theater und Staatstheater. – Urwüchsiger Charakterdarsteller nicht ohne Aura der Innerlichkeit, genialische Bohemenatur; anfänglich (dann lebenslang nebenberuflich) Maler. -Unter anderem Woyczek der Münchner Uraufführung (1913); Shakespeare-, Schiller-, lbsen-, Strindberg -, Haupmann-Rollen, entscheidend beteiligt an den Erfolgen Wedekinds. Im Film zum Beispiel Partner Elisabeth Bergners ( ,Fräulein Else” ).

Heinrich Mann, aus der Sicht de Freunde, in seinen „Erinnerungen an Albert Steinrück“: ,,Er war einer der vollständigsten Menschen. Er hatte beides, die Kraft und die Feinheit.” (Essays Bd. I, Bin. 1954, . 43 ff.)-

Alfred Polgar, Nachruf: ,,Er stand wie ein Baum, breiten Schatten werfend, wuchtig und schwer in der dramatischen Landschaft. Wenn er, gefällt, stürzte, war das erschütternd … “. (Kleine Schriften Bd. 6, Hbg. 19 6 . 426 ff.)

Trotz der seit dem letzten Weltkrieg vielfältig vorangeschrittenen Theaterwissenschaft scheint eine Monographie über Steinrück, soweit bisher zu ermitteln war, noch nicht zu existieren. Ein recht kümmerlicher Artikel in H. Rischbieters Theater-Lexikon (Zürich 19 3) verzeichnet nur zwei „Quellen” mit teils umstrittenem Inhalt (W. Drews : Die Großen des deutschen Schauspiels , 1941; H. Jhering: von Josef Kainz bis Paula Wessely, 1942). – nachzutragen wäre zum Beispiel das einschlägige Kapitel in: Begegnungen mit Schauspielern. Zwanzig Porträts aus dem Nachhlaß (Bln./ R 1967· Neuauflage 1977) des – ebenfalls umstrittenen – Arnolt Bronnen. – Abschließend zur Person sci wenigstens noch Rudolf Fernau erwähnt der in einem, aus der Flut der Schauspieler-Memoiren herausragendem Lebenstage­buch „Als Lied beganns’ … “(zuerst Frankfurt/Bln. 1972) ein sehr lebendiges Porträt seines Lehrers Steinrück skizziert hat.

Dessen Ehrengrab befindet sich übrigens auf dem städtischen Friedhof Zehlendorf, Onkel-Tom-Straße 30.

Ein Verbindungsweg von der Kreuznacher Straße zum Südwestkorso an der Wilmersdorfer Künstlerkolonie trägt Steinrücks Namen. –

Kaum ein Berliner Theaterprogramm der vielmemorierten, genannten „goldenen” zwanziger Jahre dürfte eine solche Fülle prominenter Namen – und nicht nur der Bühne! – vereinen wie der hier repr oduzierte Anschlagzettel für die einmalige Nachtvorstellung vom 28. März 1929 im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt. Man studiere die Besetzung des Wedekindschen “Marquis von Keith” bis hinunter zur Statisterie sowie das nichttheatralische Personenaufgebot (wovon der „Ehrenausschuß” sicher nur eine zussätzlich anlockende Schirm­herrenfunktion hatte): zumindest als Theaterfreund wäre man gern dabei gewesen . . .Sind auch etliche Darsteller von der schnellebigen Nachwelt schon wieder vergessen, so ragen genügend andere in ihrer künstlerischen Wirkung noch unvergessen in unsere Gegenwart.

Nun sollte man sich von dem kulturellen Glanz einer derart singulären Veranstaltung, nicht über den tristen ja makabren Zeitgeschichtlichen Hintergrund hinwegtäuschen lassen, der sich – für das Jahr 1929 in Beispielen kurz zusammengerafft – etwa so darbietet: ,,Anhaltende Arbeitslosigkeit, Verschärfung der Lohnkämpfe Streik und Aussperrungen, defizitäre Finanzentwicklung. Blutige kommunistische Aktionen am 1. Mai in Berlin. Neuer Aufschwung der Nationalsozialisten ( … ) Die Schauspieler protestierten im Februar gegen ihre wirtschaftliche Lage. Polizeiliche Eingriffe in die Spielpläne einiger Berliner Theater [ … u w .).” ( . Rühle: Theater für die Republik 1917-33, Frankf. 1967 .917.)

Ferner ist daran zu erinnern, daß trotz der einmaligen Besetzung keine theaterhistorisch wichtige Aufführung stattfand sondern „nur” die aufwendige Gedächtnisfeier einer Elite für einen ihrer Besten, zugleich als Wohltätigkeitsveranstaltung ein gesellschaftlicher Anlaß. ,,Im Publikum Frack, große Toilette, Perlen. Der [für die Hinterbliebenen] wohltätige Zweck wurde erreicht.

Jessner nicht als Regisseur, sondern als Festleiter [ … ]. Selten ist ein Schauspieler so geehrt worden wie Albert Steinrück.” Der eben zitierte Kritiker Herbert Jhering berichtete am 30. März im „Berliner Börsen-Courier” anschaulich über einige Mimen und ihre Sonderleistungen, teilte aber auch die berechtigte Frage, wo denn eigentlich in solcher „Starversammlung” der Sinn des Stückes und dessen Autor geblieben seien (nachzulesen bei Jhering: Von Reinhardt bis Brecht, Bd. II Bin. 1961, . 391 ff.). -Der Dichter (Jahrgang 1 64) war schon 1918 seinem großen Lieblingsschauspieler vorausgegangen. C. Kühn

Albert Steinrück begann als Maler. Erst dann fing er an zu schauspielern, ohne jedoch eine Ausbildung durchlaufen zu haben. Seit Anfang der 1890er Jahre war er an Theatern in Mühlhausen, Breslau und Hannover sowie ab 1901 in Berlin beschäftigt. 1906 kam er zu Max Reinhardts Ensemble an das Deutsche Theater. Von 1908 bis 1920 war er am Hof- und Nationaltheater in München, wo er auch Regie führte und am Ende Schauspieldirektor war. Dabei spielte er unter anderem den Woyzeck in der Uraufführung des gleichnamigen Dramas von Georg Büchner am 8. November 1913. In den 1920er Jahren war er wieder an verschiedenen Bühnen in Berlin beschäftigt.

Seit 1919 war Albert Steinrück ständig auch beim Film tätig. Gerne wurde er besetzt in den Rollen grausamer Väter. Neben Rosa Valetti spielte er in Reinhold Schünzels Sittenfilm Das Mädchen aus der Ackerstraße. Sein Kollege Paul Wegener besetzte ihn 1920 als Rabbi Loew in Der Golem, wie er in die Welt kam. Ein großer Erfolg wurde 1922/23 Fridericus Rex von Arzén von Cserépy, in dem Steinrück Friedrich Wilhelm I. von Preußen spielte. Neben Asta Nielsen spielte er in Das Haus am Meer und Hedda Gabler, neben Henny Porten in Die Geierwally und Das goldene Kalb. Seine letzte Hauptrolle hatte er 1929 in Joe Mays Asphalt. Steinrück starb während der Probenarbeit zu Ehm Welks Schauspiel Kreuzabnahme, in dem er – an der Volksbühne Berlin – den sterbenden Schriftsteller Leo Tolstoi spielen sollte.

Albert Steinrück war in erster Ehe mit Elisabeth Gussmann (1885–1920), genannt Liesl, einer Schwester Olga Schnitzlers verheiratet, sodass er mit dem Schriftsteller Arthur Schnitzler verschwägert war. In zweiter Ehe mit der Tochter des Malers Alfred Sohn-Rethel (1875–1958), Elisabeth genannt Lissi (1897–1993). Deren Brüder waren der Sozialphilosoph Alfred Sohn-Rethel der Jüngere, sowie Hans-Joachim Sohn-Rethel (1905–1955), Maler und Geräuschimitator, der auch unter dem Pseudonym Freddy Dosh bekannt war. Einer seiner Enkel ist der Schauspieler Michael Hanemann.

Steinrück blieb ein passionierter Freizeitmaler. Einige seiner Werke wurden im Rahmen einer von Heinrich George organisierten Gedenkvorstellung im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt aus Anlass seines Todes ausgestellt und zum Verkauf angeboten und sind heute Teil der Sammlung des Stadtmuseums Berlin, so wie auch seit Mai 2016 sein Nachlass.

 

Ehrengrab von Albert Steinrück auf dem Friedhof Zehlendorf

 

Das Grab von Albert Steinrück befindet sich auf dem Friedhof Zehlendorf. Als Grabzeichen dient nur eine kleine Inschriftenplatte.[4] Auf Beschluss des Berliner Senats ist die letzte Ruhestätte von Albert Steinrück (Feld 017 Nr. 705) seit 1969 als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet.

Der Barnayweg in der Künstlerkolonie Berlin wurde 1944 in „Steinrückweg“ umbenannt.

 

  • 1920: Das Mädchen aus der Ackerstraße. 1. Teil
  • 1920: Katharina die Große
  • 1920: Der Richter von Zalamea
  • 1920: Der Golem, wie er in die Welt kam
  • 1920: Die geschlossene Kette
  • 1920: Die Schuld der Lavinia Morland
  • 1921: Der Leidensweg der Inge Krafft
  • 1921: Das Blut (Regie: Paul Legband)
  • 1921: Fridericus Rex
  • 1921: Die Nacht ohne Morgen
  • 1921: Die Geierwally
  • 1921: Sappho
  • 1921: Der Todesreigen
  • 1921: Das Geheimnis der Santa Margherita
  • 1922: Monna Vanna
  • 1923: Der Schatz
  • 1923: Der Kaufmann von Venedig
  • 1923: Der Wetterwart
  • 1924: Helena (2 Teile)
  • 1924: Das Haus am Meer
  • 1924: Das goldene Kalb
  • 1924: Dekameron-Nächte
  • 1925: Das Haus der Lüge
  • 1926: Überflüssige Menschen
  • 1926: Brennende Grenze
  • 1927: Die Sporck’schen Jäger
  • 1927: Lützows wilde verwegene Jagd
  • 1927: Am Rande der Welt
  • 1927: Das Frauenhaus von Rio
  • 1928: Schinderhannes
  • 1928: Kinderseelen klagen euch an
  • 1928: Das letzte Fort
  • 1928: Der rote Kreis
  • 1929: Asphalt
  • 1929: Fräulein Else

 


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