Dieser Workshop ist für Menschen, die ihre Bilder in Fotoalben sichern oder sortieren wollen.
….wie schnell ist es passiert ! Computerabsturz….alle Daten gelöscht !
die Erinnerungen an das Familienfest, der „runde“ Geburtstag von Mama, die einmalige Fernreise …
Die Fotografin Mechthild Wilhelmi, zeigt Ihnen in einem 2 tägigen Workshop/Kurs wie Sie in wenigen Schritten IHR erstes Fotobuch mit Hilfe Ihres Laptops erstellen und gestalten können.
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt auf maximal 6 Personen.
Das künstlerische und kulturelle Leben in der historisch bedeutsamen Wohnsiedlung Berliner Künstlerkolonie in Wilmersdorf ist reich und vielfältig. Was den Bewohnerinnen und Bewohnern aber bisher fehlte, war ein eigener Raum, der für öffentliche Darbietungen, Ausstellungen und Zusammentreffen genutzt werden kann. An der Adresse Breitenbachplatz 1 in den Kolonnaden der Anlage und in direkter Nachbarschaft der „Läden der Künstlerkolonie“ stellt Vonovia nun dauerhaft einen frisch renovierten Raum für vielfältige kulturelle Nutzungen zur Verfügung. Der als „KunstRaum“ getaufte Ort wurde von Bewohnern und kuratiert vom Verein KünstlerKolonie Berlin e.V. bereits in den letzten Monaten intensiv genutzt. Der Tag des offenen Denkmals, bei dem am 13. September 2020 Rundgänge durch die gesamte Künstlerkolonie angeboten werden, stellt nun auch den offiziellen Startschuss für den „KunstRaum“ als Begegnungsort für die Öffentlichkeit dar. Aktuell stellt dort die Künstlerin Sabrin Zaher Gemälde aus, die während des Corona-Lockdowns entstanden sind.
„Der KunstRaum am Breitenbachplatz basiert auf einer Idee, die zusammen mit dem Verein Künstlerkolonie e.V. entstanden ist. Dadurch soll die Siedlung lebendiger werden, was im Sinne der Ursprungsidee ist. Auch von Seiten vieler Mieter wurde uns als Vonovia immer wieder der Wunsch entgegengebracht, einen Ort der Begegnung in der Künstlerkolonie zu schaffen, der ganz vielseitig einsetzbar ist, sei es für Ausstellungen, Lesungen, kleine Konzerte, Filmvorführungen oder einfach nur für ein Zusammentreffen und den künstlerischen Austausch“, sagt Jennifer Mathwig, Regionalleiterin Berlin-Mitte bei Vonovia.
Christian Sekula, Vorstand des Vereins Künstlerkolonie Berlin e.V. sagt: „Ein interkultureller Treffpunkt für den Kiez um den Breitenbachplatz und Platz für neue künstlerische Kreativität. Ganz in der Tradition der 1927 gegründeten Künstlerkolonie in Berlin Wilmersdorf.“
Die erste große Ausstellung mit Bezug zur Gründungsgeschichte der Künstlerkolonie widmet sich ab Mitte September den beiden Erstbewohnern Claire Philipp-Tellier und Geno Ohlischlaeger. Die Malerin und der Komponist zogen 1927 bzw. 1928 noch während der Bauphase in die Künstlerkolonie ein. Die Ausstellung öffnet am 16. September 2020 um 16 Uhr im Beisein der Tochter des Künstlerpaares. Die festen Ausstellungszeiten danach sind immer Mittwochs von 16 bis 19 Uhr.
Die geführten Rundgänge durch die Künstlerkolonie im Rahmen des „Tags des offenen Denkmals“ finden am 13. September 2020 um 11 und 14 Uhr statt. Treffpunkt ist das Lateinamerika-Institut in der Rüdesheimer Straße 54.
Genauere Informationen zum Veranstaltungsprogramm und zu den Führungen sind unter https://kueko-berlin.de/ zu finden.
Über Vonovia als Eigentümer der Wohnsiedlung Berliner Künstlerkolonie
Vonovia ist seit Mitte der 1990er-Jahre Besitzer der Künstlerkolonie mit insgesamt 551 Wohnungen im Altbau und 138 Einheiten im Neubau. Mit der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA) und dem Verein Künstlerkolonie e.V. steht Vonovia in regelmäßigem Austausch und ist sich der hohen Verantwortung für diese über die Grenzen Berlins hinaus bedeutsame Wohnhausanlage bewusst. Frei werdende Wohnungen werden vorab der GDBA bei gedeckelter Miete für GDBA-Mitglieder angeboten. Gemeinsam wird das Ziel verfolgt, bei Neuvermietung mehr als 80% der Wohnungen in der Künstlerkolonie mit Künstlern und künstlerisch tätigen Menschen zu belegen. Vonovia sieht sich verpflichtet, aktiv den Zuzug auch von jüngeren Künstlern zu fördern. Damit soll das traditionsreiche künstlerische Flair mit Bewohnern, die an Bühnen und literarisch tätig sind, erneuert und der besondere Charakter der Künstlerkolonie erhalten werden. Vonovia verfolgt in der Künstlerkolonie ein langfristiges Engagement, das durch Partnerschaft mit den Bewohnern und Institutionen geprägt ist.
Der Senat hat heute den von der Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Regine Günther, vorgelegten Bericht zum Stand der Machbarkeitsstudie für den Umbau des Breitenbachplatzes beschlossen.
Das Abgeordnetenhaus hatte in seiner Sitzung am 6. Juni 2019 den Senat aufgefordert, im Rahmen einer Machbarkeitsstudie zu untersuchen, unter welchen städtebaulichen, verkehrlichen, ökologischen und finanziellen Rahmenbedingungen der Rückbau der Stadtstraßenbrücke und die Neugestaltung des Breitenbachplatzes möglich sind.
Der Bericht gibt einen Überblick über den aktuellen Sachstand zur Machbarkeitsstudie. Nach der erforderlichen Umschichtung von Personalressourcen und ersten verwaltungsinternen Abstimmungsrunden zu den Grundlagen und Inhalten der Machbarkeitsstudie, zu den Rahmenbedingungen eines Wettbewerbsverfahrens sowie zum Umfang einer Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgte im März 2020 eine erste Einbeziehung der Öffentlichkeit.
Bei einer Ausstellung wurden städtebauliche Entwürfe der Studenten der Hochschule Bremen in der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz präsentiert. Bei der Eröffnung der Ausstellung informierten die Senatsverwaltungen für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz sowie für Stadtentwicklung und Wohnen über die Machbarkeitsstudie und standen der Öffentlichkeit für Fragen zur Verfügung. So wurde erörtert, dass zunächst die „Verkehrs- und Machbarkeitsuntersuchung Breitenbachplatz“ durchgeführt wird, bevor ein städtebauliches Wettbewerbsverfahren die Ergebnisse der Studie aufgreifen soll, um anschließend ein formelles Planverfahren einleiten zu können.
Die Machbarkeitsuntersuchung soll hierbei städtebauliche, verkehrliche, ökologische und finanzielle Belange bei der Variantenentwicklung und -bewertung integrativ betrachten. Dabei ist eine aktive Beteiligung der Öffentlichkeit von besonderer Bedeutung. Eine Bekanntmachung der Ausschreibung auf der Vergabeplattform des Landes Berlin erfolgte am 30. April 2020. Bei erfolgreicher Ausschreibung kann die Machbarkeitsuntersuchung voraussichtlich im Juli 2020 starten
Senat schreibt Studie zum Abriss der Brücke am Breitenbachplatz aus. Viele Bürger sind sich mit Landes- und Bezirkspolitikern einig darin, dass die Autobahnbrücke über dem Breitenbachplatz verschwinden sollte, weil sie den Platz an der Grenze zwischen Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf verschandelt. Bereits im Mai 2019 forderte das Berliner Abgeordnetenhaus den Senat auf, eine Machbarkeitsstudie für den Abriss in Auftrag zu geben. Dann geschah lange nichts, wie die Abgeordnetenhausfraktion der CDU im vorigen Januar kritisierte. Nun hat die Senatsverkehrsverwaltung einen Zeitplan vorgestellt.
Im April beginne die Ausschreibung der Studie, hieß es Donnerstag bei einer Präsentation, zu der die Senatsverwaltung in ihre Räume im Haus am Köllnischen Park in Mitte eingeladen hatte. Die eigentliche Untersuchung könne im Sommer starten und solle dem Abgeordnetenhaus vor den nächsten Berliner Wahlen im Herbst 2021 vorgelegt werden. Anschließend sei ein städtebauliches Wettbewerbsverfahren nötig.
Die Brücke könne „theoretisch“ noch acht bis zehn Jahre genutzt werden, schätzt die Verwaltung von Umwelt- und Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne). Eine Sanierung lohne sich nicht mehr. Deshalb stünden nur „entweder ein Ersatzneubau oder der Rückbau/Umbau“ zur Wahl, heißt es in der schriftlichen Fassung der Präsentation. Gemäß dem Abgeordnetenhausbeschluss werde außerdem geprüft, wie man die „Randbebauung des Stadtplatzes wiederherstellen“, den Durchgangsverkehr reduzieren und eine Tempo-30-Zone einrichten könne. Dazu wurde im Haus am Köllnischen Park eine Ausstellung mit Ideen von Studierenden der Hochschule Bremen eröffnet.
Liebe Freundinnen und Freunde des Breitenbachplatzes,
es gibt Neues zu berichten:
– 60 Master-Studierende der Architektur und der Stadtplanung aus Bremen und Bordeaux haben sich mehrere Tage mit Zukunftsideen für den Platz und seine Umgebung befasst. Die Ergebnisse haben wir zusammengefasst. Link: ogy.de/kw4s
– Nach den Grünen Steglitz-Zehlendorf/CharlottenburgWilmersdorf haben sich auch die Wilmersdorfer Sozialdemokraten in Form eines Gesprächs mit Bürgermeister Reinhard Naumann und BI-Sprecher Ulrich Rosenbaum mit der Zukunft des Breitenbachplatzes befasst. Die Mehrheitsmeinung der sehr gut besuchten Versammlungen war jedes Mal eindeutig für einen Abriss der Brücke und eine Neugestaltung des Areals.
– Als dritte Partei lädt nun die CDU zum öffentlichen Gespräch unter dem Motto „Von der auto- zur menschengerechten Stadt“, und dieses Mal verspricht es besonders munter zu werden, weil neben BI-Sprecher Ulrich Rosenbaum vor allem der ehemalige Senatsbaudirektor Hans Stimmann zu Wort kommt, der über das Monster Schlangenbader Straße promoviert hat und heute so weit gehen würde, den Abzweig Schmargendorf an der A 100 zu schließen. Termin: 28. November um 19 Uhr im Theater Jaro, Schlangenbader Straße 30. Einladender ist der CDU-Ortsverband Dahlem.
– Bei dieser Gelegenheit sei der Hinweis erlaubt, dass uns vorgeworfen wird, wir würden die Verkehrszahlen verschweigen. Das Gegenteil ist richtig. Seit sechs Jahren hat ein Kartenausschnitt mit den Zahlen des Verkehrsaufkommens von 2009 seinen festen Platz ganz vorne auf unserer Internetseite. Nur: Die Zahlen sind kein Argument, vor dem Ist-Zustand zu kapitulieren. Die Senatsbauverwaltung hat vom Abgeordnetenhaus den Auftrag bekommen, sich darüber Gedanken zu machen.
– Kennen Sie das Geheimnis der sieben Säulen, die derzeit neben dem zentralen U-Bahn-Zugang auf dem Breitenbachplatz stehen? Dann schauen Sie mal auf www.breitenbachplatz.de
– Sorgen macht uns der Zustand des schon wieder geschlossenen Restaurant—Cafés Breitenbachplatz/Ecke Dillenburger Straße, das als einstiges Café Telschow seit 1930 den Platz prägt. Wie wir hören, bietet der Eigentümer die Räume zum Kauf oder zur Miete auch für eine Verwendung an, die nichts mehr mit Gastronomie zu tun hat. So zum Beispiel für eine Physiotherapie-Praxis. Das würde den Charakter der Ecke grundlegend verändern.
– Noch einmal die Bitte: Damit wir effektiv arbeiten können, sind wir auf Spenden angewiesen. Konto Nr. DE43 1005 0000 0190 8717 09 bei der Sparkasse Berlin (BIC: BELADEBE), Kontoinhaber: Verein Initiative Breitenbachplatz.
Mit herzlichen Grüßen
Ihre Initiative Breitenbachplatz
Verein zur Förderung der Initiative Breitenbachplatz e.V.
Die Autobahnbrücke zwischen den Stadtteilen Steglitz, Wilmersdorf und Zehlendorf soll abgerissen werden. Nun gibt es offenbar einen Zeitplan.
Abgesang auf die Brücke am Breitenbachplatz
Carolin Brühl und Katrin Lange
Charlottenburg-Wilmersdorf. Der Abgesang ist schon geplant: Im nächsten Jahr gibt es die Autobahnbrücke am Breitenbachplatz seit 40 Jahren. „Zum Brückenjubiläum machen wir ein Fest“, sagte Ulrich Rosenbaum von der Bürgerinitiative (BI) Breitenbachplatz in einer Veranstaltung, zu der die Bezirksverordneten der Grünen aus Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf ins Theater Jaro an der Schlangenbader Straße eingeladen hatten. Ein letztes Fest für die Brücke, denn das Bauwerk soll abgerissen werden. Das haben nicht nur die Bezirksverordneten beider Bezirke beschlossen, auch das Abgeordnetenhaus hat zugestimmt, eine Machbarkeitsstudie für den Abriss erstellen zu lassen.
Machbarkeitsstudie zum Breitenbachplatz erst Ende 2020
Schlechte Nachrichten brachte allerdings Benedikt Lux (Grüne) aus dem Abgeordnetenhaus mit: „Die Machbarkeitsstudie soll nicht vor Ende 2020 in Auftrag gegeben werden“, so Lux. Geld für die Studie sei da, aber nicht das Personal, um die Ausschreibung vorzubereiten. Immerhin sollen aber in einem nächsten Schritt bis Mai 2020 verschiedene Modelle der künftigen Platznutzung und der Verkehrsführung nach dem Abriss erarbeitet und dann im Verkehrsausschuss diskutiert werden.
Brücke nur noch fünf Jahre verkehrssicher
Die Zeit drängt. Denn bei der vergangenen Bauwerkuntersuchung im Jahr 2016 wurde festgestellt, dass die Brücke nur noch fünf Jahre verkehrssicher ist. „Das heißt, dass sich der Zustand bis heute schon weiter verschlechtert hat“, sagt Lux. Abriss, Sanierung Neubau – das sind die Optionen nach Ablauf der Frist. Wobei das nicht mehr die Frage ist. „Es ist ein gutes Zeitfenster, um den Abriss durchzusetzen“, so Lux. Der breite parteiübergreifende Konsens zeige schließlich, dass der Rückbau der Brücke sachlich begründet ist. Nun sei es wichtig, dranzubleiben.
Bürgerinitiative hat Ideen gesammelt
Das ist keine Frage für die Bürgerinitiative. Das Relikt aus der Zeit, als eine autogerechte Stadt das Thema war, soll weg. Für die Gestaltung des Platzes wurden schon viele Ideen entwickelt. Der motorisierte Verkehr soll künftig ebenerdig geführt werden, auf der frei werdenden Fläche mit einer Randbebauung die städtebauliche Fassung des Stadtplatzes nördlich und nordöstlich der Schildhornstraße wiederhergestellt werden. Dabei soll der Schaffung von Wohnraum Vorrang eingeräumt werden, darunter auch für Studenten.
Eine Reduzierung des motorisierten Durchgangsverkehrs erhofft sich die BI durch die Einrichtung einer Tempo-30-Zone rund um den Platz sowie in der gesamten Schildhornstraße sowie besserer Querungsmöglichkeiten für den Rad- und Fußverkehr. „Damit können wir den Platz für die Menschen zurückgewinnen“, sagt Rosenbaum. Geben soll es auch Fahrrad-Angebotsstreifen wie es sie bereits rund um den Breitenbachplatz, den Südwestkorso und auf der Englerallee gibt. Der Verkehr soll Rosenbaum zufolge abgesehen von den Abbiegungen auf je eine Fahrbahn reduziert werden.
Derzeit beschäftigen sich sogar Studenten der Universität Bordeaux und der Hochschule Bremen mit dem Breitenbachplatz. Sie präsentieren ihre Ergebnisse am Montag, 14. Oktober, 10 Uhr, in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die Studenten aus Bremen werden sich dann noch bis Januar 2020 mit der Thematik auseinandersetzen.
Erfolgreiche Umgestaltung in anderen Städten
Wie sehr Umgestaltungen Städte oder Stadtteile verändern und den Einwohnern wieder Flächen zur Nutzung zurückgeben können, weiß Uta Bauer. Die Geografin vom Deutschen Institut für Urbanistik hat Beispiele in anderen Städten gesammelt, die eine solche Veränderungen zeigen.
Ludwigshafen baut die Hochstraße Nord auf einer Länge von knapp einem Kilometer zurück. Die Straße führt über den Rhein nach Mannheim und ist Bauer zufolge in etwa mit der Rudolf-Wissell-Brücke in Charlottenburg vergleichbar. „Interessant ist, dass bei der Neuplanung der Abriss der Hochstraße und eine ebenerdige Führung der Straße bis zur Rheinbrücke die wirtschaftlichste Variante war“, sagt Bauer. Die frei werdenden Fläche stelle die Stadt für Wohnungsneubau zur Verfügung. Der Abriss beginne Ende dieses Jahres, abgeschlossen sein soll das Projekt mit dem Umbau in etwa neun Jahren.
In Siegen hat die Stadt unter dem Motto „Auf zu neuen Ufern“ eine Parkfläche mit 230 Stellplätzen, mit der man in den 60er-Jahren den Fluss überdeckelt hatte, wieder abgerissen und die Uferbereiche gemeinsam mit der Innenstadt, die sich nun zur Sieg hin öffnet, neu gestaltet. Nach der Beobachtung der Urbanistik-Expertin hat die Maßnahme dazu geführt, dass der Einzelhandel, aber auch das öffentliche Leben wieder aufgeblüht sind.
In Stuttgart gibt es den Österreichischen Platz, der er unter einem aufgestelzten Kreisverkehr verschwunden ist. Bist zum Frühjahr 2018 war unter der Paulinenbrücke ein Parkplatz, auf dem sich nun ein Experimentierfeld für die Zukunft städtischen Zusammenlebens befindet. Dort finden Flohmärkte, Kinoabende, Kulturevents, gemeinsame Essen und Sportveranstaltungen statt. „Das ist eine richtige Erfolgsgeschichte geworden“, sagt Uta Bauer.
Grüne regen zum Umdenken an: Der Abriss des Betonbrückenmonsters am Breitenbachplatz könnte ein Modell für die Stadt sein
Veröffentlicht am 03.10.2019 von Boris Buchholz
Der Berliner Verleger Wolf Jobst Siedler schrieb in seinem Buch „Die gemordete Stadt“ über den von der Autobahnbrücke geteilten Breitenbachplatz, dass hier „kein Planungsfehler, sondern die Abwesenheit von Planung“ vorliegen würde. Seit Jahren kämpfen Anwohner in der Bürgerinitiative Breitenbachplatz für den Abriss des Betonkonstrukts und den Wiederaufbau des einst schönen Stadtplatzes. Die Bezirksverordnetenversammlungen von Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf fordern den Rückbau der Autobahnbrücke, das Abgeordnetenhaus hat den Senat in die Pflicht genommen: Die Verwaltung soll eine Machbarkeitsstudie zum Rückbau der Brücke erstellen, die am 11. Juni 1980 feierlich eingeweiht worden ist.
Die Brücke als Relikt des Konzepts der autogerechten Stadt jetzt abzureißen,würde ein „exemplarisches Beispiel“ setzen, erklärte Christoph Wapler, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen Charlottenburg-Wilmersdorf. Der Umgang mit der Brücke könnte zu einem Modell für Berlin werden, denn vielerorts seien ähnliche Bausünden in den 1960er und 1970er Jahren in der Stadt begangen worden. Gleich zu Beginn der Veranstaltung „Den Breitenbachplatz wiedergewinnen!“, zu der die grünen Fraktionen aus Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf am Dienstagabend ins Theater Jaro in der Schlangenbader Straße eingeladen hatten, wurde klar: Hier geht es um mehr als nur um eine Autobahnbrücke. Wie wollen wir leben? Wie dominant darf der Autoverkehr heute sein? Wie können lebenswerte Stadträume gewonnen werden? Etwa achtzig Interessierte (und ein Hund) waren gekommen, um Antworten auf diese Fragen zu hören.
Viele gelungene Beispiele aus aller Welt, wie Orte aus Beton wieder zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt werden können, hatte Uta Bauer vom Deutschen Institut für Urbanistik im Gepäck. In Ludwigshafen wird seit 2011 um den Rückbau der Hochstraße Nord gestritten, einem Bauwerk ähnlich der Rudolf-Wissell-Brücke. „Der Abriss der ganzen Brücke und eine ebenerdige Straßenführung war die wirtschaftlichste Variente“, berichtet die Stadtforscherin. Auf der gewonnenen Fläche sollen Wohnungen gebaut werden, Busse und Bahnen werde auf der neuen ebenerdigen Straße Vorrang eingeräumt, Fußgänger würden viel „neue Fläche“ erhalten und der Radverkehr werde aufgewertet. Allerdings braucht all das Zeit: Erst 2029 soll das Projekt abgeschlossen sein. Auch die Stadt Siegen hat ihre Erfahrung mit der Autos-First-Strategie der Vergangenheit: Der Fluss Sieg wurde „überdeckelt und 230 Parkplätze wurden draufgeknallt“, erzählt Uta Bauer. Dieser Fehler wurde ab 2015 rückgängig gemacht, das freigelegte Ufer sorge heute für eine Revitalisierung der Innenstadt, „der Prozess ist abgeschlossen“.
Anderes Beispiel, andere Stadt – Stuttgart: Der Österreichische Platz war bis 2018 nur ein Kreisverkehr auf verschiedenen Ebenen, unten parkten Autos. Seitdem zeigt eine Bürgerinitiative mit Unterstützung der Stadt, was alles möglich ist, wenn man Plätze neu denkt und die Autos nicht mehr den Ton angeben. Ein Roller- und Skaterevent auf den Straßen des „Platzes“, ein BlöckleBattle, Open-Air-Cafés, Sommerkino unter der Paulinenbrücke, ein Kultur-Festival, eine „österreichischen Brettljause“, also ein Bürgerpicknick mit „heuriger Musik“ – fast jeden Tag findet etwas auf dem wiedergewonnenen Platz statt. Ende 2019 wird entschieden, ob die Stadt den alten Parkplatz und Verkehrsplatz wiederhaben möchte, oder man lieber den Österreichischen Platz weiter als Kieztreffpunkt fördern möchte. Uta Bauer warf Bilder von weiteren Projekten an die Wand: Utrecht, New York, es gebe unzählige weitere.
Es wird lange dauern. „Man muss viel Geduld bei solchen Rückbau-Projekten mitbringen“, sagte Uta Bauer dem Publikum am Breitenbachplatz. „Ich hoffe, dass es nicht so lange dauert wie in Ludwigshafen“, erwiderte der Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux. Allerdings berichtete er, dass in der grün-geführten Senatsverkehrsverwaltung erst Ende 2020 mit der Ausschreibung und Durchführung der Machbarkeitsstudie zur Autobahnbrücke begonnen werden könne, es sei zu wenig Personal da. „Wir können schneller sein, wenn es entsprechend Druck der Abgeordneten und Bürger gibt“, machte er Hoffnung. Die Tatsache, dass es bis auf die AfD einen breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens pro Abbau der Brücke gebe, nannte er „ein Riesengeschenk“.
Sehr viel Zeit haben die Rückbau-Befürworter nicht. Denn die Debatte wird davon beflügelt, dass die Brücke seitens der Verwaltung noch für etwa fünf Jahre als verkehrs- und standsicher eingeschätzt wird. In dieser Zeit muss etwas geschehen. Der grüne Abgeordnete beschreibt das Worst-Case-Szenario: „Jemand versucht das Ding instandzusetzen.“ Werde erst in eine Sanierung investiert, stünden die Chancen auf einen Rückbau schlecht. Positiv sei allerdings, so Lux, dass die Verantwortung für die Autobahn komplett beim Land Berlin liege; das betroffene Teilstück sei bis zum Anschluss an den Stadtring keine Bundesautobahn. Eine Verzögerung durch die Bundesregierung als weiteren Gesprächspartner werde es daher nicht geben.
Neubau, sanieren, abreißen – für Ulrich Rosenbaum von der Bürgerinitiative Breitenbachplatz ist allein der Abriss der Brücke eine Option. Es gehe vor allem darum, den durch den Betonbau zerrissenen Ort wieder zu einem lebendigen Stadtplatz zu machen und ihn städtebaulich zu vollenden. „Wir wollen den Verkehr vergrämen!“, rief er dem Publikum zu. Über achtzig Prozent des Brückenverkehrs „geht über die Schloßstraße hinweg und verteilt sich nach Lankwitz“, sagte Rosenbaum. Dorthin könnten die Autofahrer auch über das Schöneberger Kreuz gelangen. Statt der breiten Brücke und dem Straßengeflecht setzt die Bürgerinitiative auf eine ebenerdige Lösung. Entlang der Schildhornstraße würde Platz für neue Wohnhäuser entstehen – „es wäre nicht schlecht, wenn Wohnungsbaugenossenschaften zum Zuge kommen würden“ – auch im Norden des Breitenbachplatzes könnte neue Bebauung entstehen und den Platz stadtplanerisch einfassen.
Das Platz-Problem hat das Interesse nationaler und internationaler Nachwuchswissenschaftler geweckt: Im Oktober kommen Studierende der Hochschule Bremen und der Université Bordeaux Montaigne nach Berlin und entwickeln Ideen für die Zukunft des Breitenbachplatzes. Sie präsentieren ihre Ergebnisse am Montag, 13. Oktober, um 10 Uhr in den Räumen der Stadtwerkstatt der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (Karl-Liebknecht-Straße 11). Die Studenten und Studentinnen des Lehrstuhls Städtebau und Entwerfen aus Bremen haben noch mehr vor: Unter der Federführung von Hochschullehrer Klaus Schäfer werden sie bis Ende Januar 2020 an Konzepten für den zukünftigen Stadtplatz arbeiten. Geplant ist, dass ihre Ergebnisse in einer Ausstellung zusammengefasst werden, die in beiden Bezirken, in denen sich der Breitenbachplatz befindet, gezeigt werden soll.
Zusammen politischen Druck erzeugen. Während sich die Bürgerinititaive Breitenbachplatz schon längst im Netzwerk „Menschengerechte Stadt“ mit gleichgesinnten Initiativen zusammengeschlossen hat, scheint die Politik noch Netzwerk-Probleme zu haben. „Vernetzt euch auf der Parteiebene“, riet ein engagierter Wilmersdorfer Bürger den Grünen aus den zwei Bezirken. Dadurch, dass sich Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf die Zuständigekit für den Platz teilen, ist auch das Werben für den Abriss zweigeteilt – und in der Folge geschwächt. Die Veranstaltung der beiden Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen könnte ein erster Schritt zu einer überbezirklichen Initiative gewesen sein.
Am 3. September 2019 wurde vom Amtsgericht Charlottenburg der „Verein zur Unterstützung der Initiative Breitenbachplatz e.V.“ ins Berliner Vereinsregister eingetragen. Der mit der erforderlichen Zahl von Mitgliedern gegründete Verein will die Bürgerinitiative beim Fundraising und überall dort unterstützen, wo eine Rechtsform für die Arbeit zur Entwicklung des Platzes hilfreich ist. Das gilt insbesondere für die Begleitung der mit dem Beschluss des Abgeordnetenhauses angekündigten Machbarkeitsstudien zum Brückenrabriss durch fachlich kompetente Stellungnahmen und für die Durchführung von Anwohnerveranstaltungen. Nachdem sich der Kreis der Aktiven der Initiative Breitenbachplatz gegen die Umwandlung in einen e. V. ausgesprochen hatte, wurde das Modell des im Hintergrund wirkenden, schlanken Fördervereins gewählt. Mit dabei sind auch zwei Vertreter der Anwohnerinitiative Schorlemerallee sowie ein Vorstandsmitglied des Vereins Künstlerkolonie e.V.
In der Gründungsversammlung wurden (auf dem Foto von rechts nach links) gewählt: Ulrich Rosenbaum (Vorsitzender), Lutz Pietschker (stv. Vorsitzender), Angelika Biermann (Schatzmeisterin) und Irene Liebau (Schriftführerin). Silke Hebert fungiert als Revisorin.
Liebe Freundinnen und Freunde eines schöneren Breitenbachplatzes,
nach dem Beschluss des Abgeordnetenhauses, eine Machbarkeitsstudie mit dem Ziel des Abrisses der Breitenbachplatzbrücke anzufordern, geht es nun darum, zu einer unverrückbaren Entscheidung zu kommen. Wir freuen uns deshalb, dass die Parteien unter Beteiligung unserer Bürgerinitiative über die konkrete Ausgestaltung diskutieren.
Den Anfang machen die Grünen, die bezirksübergreifend zu einer Diskussion am 1. Oktober um 19 Uhr ins Theater Jaro an der Schlangenbader Straße einladen. Einzelheiten entnehmen Sie bitte einem Zeitungsartikel ogy.de/g04h .
Es folgt die SPD, die am 4. November um 19 Uhr ins Wahlkreisbüro Dörstelmann am Rüdesheimer Platz (Landauer Str. 8) einlädt. Mit dabei: Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann.
Wenn Sie sich schon immer mal gefragt haben, ob der Spielplatz auf dem Breitenbachplatz kindgerecht ist, kommen Sie doch am 10. 10. um 10 Uhr vor Ort, um mit der Steglitz-Zehlendorfer Jugendstadträtin Carolina Böhm (SPD) darüber zu reden.
Übrigens: Auch die Dahlemer CDU plant einen Abend zum Thema Breitenbachplatz. Wenn der Termin feststeht, informieren wir auch darüber.
Wir bereiten uns als Bürgerinitiative darauf vor, im Sinne des Abgeordnetenhaus-Beschlusses zum Bürgerdialog im Rahmen der Machbarkeitsstudie beizutragen. Wir wollen auch selber Expertisen bei Fachleuten beauftragen, professionelle Zeichnungen erstellen lassen, Gedrucktes anbieten und Räume für Anwohnerversammlungen anmieten. Das alles geht nicht ohne finanzielle Ressourcen. Wir haben deshalb über den Umweg eines Fördervereins einen rechtsförmlichen Hintergrund geschaffen und ein Konto einrichten können, auf das Spenden eingezahlt werden können. Wir würden uns deshalb über jede finanzielle Unterstützung freuen. Hier die Kontodaten:
Konto Nr. DE43 1005 0000 0190 8717 09 bei der Sparkasse Berlin (BIC: BELADEBE) Kontoinhaber: Verein Initiative Breitenbachplatz
Wie immer noch Neues vom Platz. Wer schon eine böse Ahnung hatte, sieht sich bestätigt: Das historische Café Breitenbach an der Ecke zur Dillenburger Straße ist nach wenigen Monaten wieder geschlossen. Aus „technischen Gründen“. Das zuletzt von einer aserbeidschanischen Gesellschaft betriebene Lokal nannte sich auf einmal “Restaurant Flame Towers Baku“ und bot sich Wasserpfeifenrauchern an. “Die Wasserpfeifen stinken die Gegend voll, Gäste sieht man in dem Laden nicht. Wir warten auf den nächsten Betreiber“, schrieb ein Gast bei Google-Rezensionen. Auch beim offenbar mit den Restaurantbetreibern verbundenen und lange Zeit angekündigten Hörgeräte-Geschäft links neben der Zwilling-Apotheke hat sich nichts mehr gerührt. Um so erfreulicher, dass sich das Heurigen-Lokal „Nussbaumerin“ rechts neben dem Santa Café (dem die Konkurrenz übrigens nicht schadet) großen Zuspruchs erfreut. So kommt Leben auf den Platz.
Ulrich Rosenbaum Verein zur Unterstützung der Initiative Breitenbachplatz e.V. breitenbachplatz.de
Demonstration der Künstlerkolonie am Breitenbachplatz. Bewohner der Künstlerkolonie der grossen Wohnsiedlung für Schauspieler und Schriftsteller am Breitenbachplatz in Wilmersdorf demostrierten gegen die Kündigung dreier unruhestiftender Mieter und die Unterdrückung der Geistesfreiheit. Berlin.
Walter Zadek, der vor den Nazis geflohene Journalist aus dem Berlin der Weimarer Republik, hat seit vielen Jahren seine Begegnungen mit den Überlebenden der Emigration in Europa, den USA und in Israel dazu genutzt, ein Panorama der deutschen Emigration aufzuzeichnen. Aus bisher unveröffentlichten Texten und Selbstaussagen, die Walter Zadek aufs Tonband genommen hatte, aus Briefen und Zeugnissen von Verwandten und Freunden der Autoren ist dieser Band entstanden. Er gibt Zeugnis vom Leben auf der Flucht, von Armut und Elend der Emigration. Bei weitem nicht alle haben wieder eine neue Heimat Schriftsteller gefunden oder und sind Dichtergar in die alte Heimat zurückgekehrt. Die Emigration der Schriftsteller haben die Deutschen nach 1945 kaum nachvollzogen, die lebenslange Trauer der Emigration nie begriffen.
„Vor allem aber erhob sich noch die sprachliche Barriere, schwer die gerade für den ausgewanderten Schriftsteller unüberwindbar schien. Nur schwer und langsam wuchs uns die hebräische Sprache zu und wir in sie hinein. Nur ganz wenigen ist es gelungen, in dieser alten und erneuerten Sprache des eigenen Volkes literarisch produktiv zu werden. Thomas Mann hat aus seiner Exilerfahrung darauf hingewiesen, daß ein Schriftsteller ein Mensch sei, dem es schwererfalle, sich auszudrücken als anderen Leuten … Aber auch das Land der Herkunft blieb für uns, die wir Deutschland nach 1933 verlassen mußten, verfremdet. Nach über zwanzig Besuchen in der Bundesrepublik und längeren Aufenthalten in deutschen Städten bekenne ich dankbar, daß sich dort vieles entscheidend gewandelt hat und ich mich als gern gesehener Gast empfinden durfte. Aber als Gast, dessen Legitimität gerade in seiner Rückverbindung zu Israel gesehen wird. So bleibt es unser Schicksal, in dem Land unserer Auswanderung nicht mehr und im Land unserer Einwanderung nicht ganz heimisch zu sein“. (Schalom Ben-Chorin)
Walter Zadek geb. 1900 in Berlin war Bewohner der Künstlerkolonie in Berlin und wohnte in der Bonner Strasse 3. Er begann 1919 als Buchhändler und Antiquar, 1924 Redakteur des «UHU», dem ersten deutschen Magazin, 1925 Ressortchef beim« Berliner Tageblatt», 1930 Leiter der « Zentralredaktion für deutsche Zeitungen», 1933 Verhaftung und Flucht, ab1933 Israel. Lebt in Holon bei Tel Aviv (Winter) oder Frankfurt! Main (Sommer). Herausgeber diverser Bücher
Unter Bestien
Am Freitag, dem 20. Januar 1933, kommt es in Berlin vor dem Eingang zum Untergrundbahnhof Breitenbachplatz zu einem kleinen Handgemenge. Ich höre, wie ein untersetzter Herr seiner Begleiterin zuruft: «Schande, daß man dies Judenzeug immer noch ausstellen darf!» Damit weist er auf einen Zeitungsautomaten hin, in dem das Berliner Tageblatt steckt. Ich sage daraufhin zu meiner Frau: «Wollen wir mal das Judenzeug kaufen?»
Vor der Eingangssperre haben die Antisemiten auf mich gewartet. Als ich den engen Durchgang betrete, werde ich von dem kräftigen Mann derb hineingestoßen. Ich wehre mich, wenn auch durch die Dauerverletzung einer Hand behindert, auf ähnliche Weise. Die anschließende Prügelei wird durch Bahnbeamte abgebrochen. Auf dem Weg zum Vorsteher, der die Namen aufnehmen soll, schlägt der Angreifer nochmals hinterrücks nach mir, trifft jedoch das Gesicht meiner Frau. Der Bahnvorsteher läßt sich unsere Ausweise zeigen. Der Nazi hat den holländischen Namen Bloemendaal. Ich weise mich als Leiter der «Zentralredaktion für deutsche Zeitungen» aus.
Ich besaß Arbeitsräume in der nahe gelegenen «Künsterkolonie». Das waren mehrere große Häuserblocks, erbaut für Mitglieder des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller, der Bühnengenossenschaft und anderer Künstlerverbände. Also ein Sammelbecken freigeistiger, meist linksgerichteter Menschen und damit ein Dorn im Auge jedes Nationalsozialisten. In meiner Wohnung hatte, schon seit ich Ressortchef am Berliner Tageblatt gewesen war, alle vierzehn Tage eine Art jour stattgefunden, an dem sich Dichter, Politiker, Musiker usw. gegenseitig an- und aufregten, darunter Maler des Bauhauses, Mitarbeiter der Weltbühne, Schauspieler von Reinhardt u. a.
Als ich nach der abendlichen Prügelei heimkehre, sehe ich vom Fenster aus, daß der Gewaltmensch mir nachgegangen war und die Anschrift aufzeichnet. Noch ahne ich nicht, daß dies der Auftakt zu meiner sehr frühen und dadurch lebensrettenden Emigration werden wird.
Zwei Monate später, am 15. März 1933, werden die Wohnblocks der «Künstlerkolonie» von Polizei und SA-Leuten umstellt. Ich werde durch sieben schwerbewaffnete Jungen des «Kommando zur besonderen Verwendung» mißhandelt und mit blutendem Gesicht die Treppe hinuntergestoßen. Halb bewußtlos höre ich: «Das ist der Kerl, der den alten Mann geschlagen hat.» Und dann: «Wirst du Judenschwein wohl schneller laufen!» Trotz meiner Betäubung erinnere ich mich: «Auf der Flucht erschossen» und taste mich nun wirklich langsamer die Stufen hinunter. Einen so raschen Triumph möchte ich Herrn Bloemendaal nicht gönnen.
Unten werde ich auf einen Polizeiwagen hinaufgestoßen. Das ist ja eine Literatenversammlung: Vor mir sitzt der Schriftsteller Manes Sperber, hinter mir der im Osten geehrte Autor Theodor Balk, alias Dr. Fodor, alias Dr. Dragutin. Einer der Uniformierten höhnt: «Hast woll Neesebluten jehabt, wa? Wisch dir mal det Jesicht ab!» Das Bild des Wagens mit den feixenden Bestien erscheint am 16. März 1933 neben einem verlogenen Bericht in den Naziblättern.
In die Gruppenzelle des Polizeipräsidiums am Alexanderplatz wird gleich danach der heute in der DDR führende Theaterfachmann Curt Trepte hineinbefördert. Kein Jude. Zum Beweis, wie «verhört» wird, entblößt er seinen Hintern. Er strahlt blau und braun von Hieben. Ich bitte einige Polizeikommissare, die oft Beiträge für meine Zeitungskorrespondenz eingesandt hatten, um Rücksprache. Keiner von ihnen rührt sich.
Nach ein paar Tagen trennt man die konsularisch beschirmten Ausländer von uns schutzlosen Deutschen. Ich werde in das Zuchthaus Spandau abgefahren. Wieder öffnet sich eine Massenzelle, gefüllt mit einer geistig regen Gesellschaft. Beherrschaft von dem kommunistischen Abgeordneten Heuck, einem mächtigen Burschen, Pferdehändler, der später in seinem Wahlkreis Kiel von Nazischergen niedergemacht werden wird. Fast dreißig andere begrüßen den Neuzugang.
Eines Nachmittags bringen zwei Wärter den greisen Justizrat Broh herein, nur mit einer Decke auf dem nackten Kröper, um Druck zu vermeiden, denn er ist am ganzen Leib braun und schwarz geschlagen. Mit Brandstellen, wo die Sadisten ihre Zigaretten ausgedrückt hatten. Den Kopf voller Krusten, weil sie ihm die Haare büschelweise mit Zangen ausgerissen hatten. Er sollte büßen, daß er als Jude linke Leute gegen die Nazis vor Gericht vertreten hatte.
Ausbruch
April 1933. Ich werde herausgerufen: mit Sachen! Im Direktorzimmer: «Sie sind entlassen!» Der neue Vorsitzende des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller (SDS), Hanns Heinz Ewers, nazistischer Erbe von Tucholsky und Arnold Zweig, hat seinen Einfluß zeigen wollen und sich für den ihm unbekannten Kollegen verwendet.
Unvorbereitet erscheine ich zu Hause. Meine Arbeitsräume sind verwüstet. Mein Paß ist im «Alex» beschlagnahmt. Ein deutschnationaler Anwalt versucht, ihn vom Staatsanwalt herauszubekommen. Aber eines Vormittags, wieder befragt, flüstert er mir leise zu: «So schnell und so weit wie möglich!» Ich begreife: Die Wiederverhaftung steht bevor.
Am selben Abend verschwinde ich mit meiner Frau in einem D-Zug nach Westen. Beide nur mit einer Aktentasche bewaffnet, wenige Mark im Beutel. Schon auf dem Bahnhof Zoo waren zwei allzu unauffällige Herren in das leere Nebenabteil zugestiegen. Man hatte uns also nie aus den Augen verloren.
Köln. Sechs Uhr früh. Ein begabter Reporter hatte in einem seiner Beiträge für meinen Zeitungsdienst von den Schleichwegen der Schmuggler im Westen berichtet. Aus dem Bett geholt, behauptete er, nichts Genaueres zu wissen. Seit der Machtergreifung verleugnen fast alle nichtjüdischen Bürger ihre «rassisch belasteten» Freunde und Arbeitgeber. Unaufgefordert schaltet jeder sich gleich. Von echten Überzeugungen keine Rede. Zivilcourage, Rückgrat, Gesinnungstreue – wie wenige haben sie damals bewiesen, werden sie jemals beweisen.
Auf dem Amt der Zionistischen Organisation in Berlin hatte uns ein Unbekannter eine andere Anschrift in Köln genannt. Durch die noch schlafenden Straßen der Stadt trotten wir zum bezeichneten Haus.
Als wir uns umdrehen, tauchen hinten, in weiter Feme, gerade die zwei unauffälligen Herren aus dem Nebenabteil der Eisenbahn auf!
Ich krieche unter die Treppe. Meine Frau läutet an der Wohnungstür. Wie? Was will sie? Man verstehe sie nicht. Niemals hätten sie mit so etwas zu tun gehabt. Welche Zumutung! Da bricht die überforderte Bittstellerin in Tränen aus. Man nimmt sie herein, reicht ihr Kaffee, nennt ihr den Fluchtweg. Er hätte kaum einfacher sein können.
Es ist der 23. April 1933. Wir fahren weiter nach Aachen. Gehen hinein in die Stadt. Vorsichtshalber steigen wir an verschiedenen Haltestellen in die Straßenbahn Nummer sieben. Umsonst, alles umsonst! Auf der Plattform stehen bereits die beiden schweigsamen Herren. An der Kreuzung Couvenstraße springe ich ab, renne zu einem bestimmten Taxistand hinüber. Gerade ist noch ein Platz frei. Kaum sitze ich, rattert der Wagen los. Ich zahle bis zum Endpunkt, lasse jedoch unterwegs halten, steige links heraus statt rechts: Gerettet!
Denn diese Straße ist ein kurzes Stück lang staatenlos. Niemandsland. Links liegt Holland, der Platz Kerkrade. Rechts das deutsche Städtchen Herzogenrath. An der Hauptstraße befindet sich eine holländische Grenzsperre. Steigt man aber hundert Meter davor aus, gelangt man auf einem Kohlenweg um die Schranke herum sofort in den blumenreichen, sauberen Ort hinein.
Wo steckt meine Frau? Sie sollte doch im nächsten Auto folgen. Unruhig sehe ich in einen Laden, erstehe die ersten holländischen Zigaretten. Als ich heraustrete, schleicht mein blasses Weib vorüber und bricht bei meinem Anblick ohnmächtig zusammen. Da sie mich am Treffpunkt nicht gesehen hatte, glaubte sie mich von den beiden Herren abgefangen.