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Im Schatten des Betonmonsters – Kiezspaziergang mit Manfred Maurenbrecher in Der Tagesspiegel

Der Liedermacher und Autor ist am Breitenbachplatz heimisch.

Er vermisst Cafés, bangt um die Post – und was denkt er über die Autobahnbrücke?

von CAY DOBBERKE in Der Tagesspiegel, 25.02.2018

 

Manfred Maurenbrecher beim Kiezspaziergang am Breitenbachplatz.FOTO: AGNIESZKA BUDEK

 

Den Verkehrslärm von der neuerdings wieder stark umstrittenen Autobahnbrücke am Breitenbachplatz findet Manfred Maurenbrecher „nicht so dramatisch“. Er höre davon so gut wie nichts in seiner Wohnung in der benachbarten Künstlerkolonie Wilmersdorf, sagt der Liedermacher und Autor.

Der heute 67-Jährige ist dort aufgewachsen. Im Alter von 20 Jahren zog er aus – kehrte aber ein Vierteljahrhundert später nach dem Tod seiner Eltern in deren Vier-Zimmer-Wohnung zurück, zusammen mit seiner Frau Kristjane und seinem (inzwischen erwachsenen) Sohn. Über die Künstlerkolonie hat er sogar ein Buch geschrieben, das 2016 im bebra-Verlag erschienen ist.

„Ich würde auf das Losbrausen verzichten“

Sollte die Brücke der Stadtautobahn am Breitenbachplatz abgerissen werden? Die Diskussion darüber ist aktuell geworden, seit sich die Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf einstimmig dafür ausgesprochen hat. Im Nachbarbezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, zu dem Teile des Platzes gehören, haben die Grünen einen wortgleichen BVV-Antrag gestellt.

Manfred Maurenbrecher ist hin- und hergerissen. Auf der einen Seite stört es ihn, dass „die olle Brücke“ den Platz zerschneidet. Der „monströse“ Betonbau aus den 1970er Jahren sei in einer Ära entstanden, in der sich Stadtplaner in Ost- und West-Berlin nach dem Mauerbau „wohl nur wenig an planerischer Willkür nahmen“. Den Bürgern sei trotz ihrer Proteste letztlich „keine Gegenwehr“ geblieben.

Andererseits genießt es Maurenbrecher, wie er in seinem Buch schreibt, über die Autobahnzufahrt „aus der Gegend raus in den Norden zu brausen“. Beim Spaziergang durch den Kiez fügt er dann aber hinzu: „Natürlich würde ich die Rekonstruktion des historischen Platzes begrüßen und dann auf das Losbrausen verzichten.“

Etwas ambivalent ist auch das Verhältnis des Musikers zum ganzen Kiez. Diesen findet er „ein bisschen spießig“, aber auch freundlich und gemütlich. Der heutige Vermieter der rund 90 Jahre alten Künstlerkolonie, das Wohnungsunternehmen Vonovia, „bemüht sich“ und agiere nicht als rücksichtslose „Heuschrecke“.

Seit dem Sommer 2017 sei endlich auch das Grünflächenamt Charlottenburg-Wilmersdorf „wieder aktiver“. Zuvor allerdings habe es den Ludwig-Barnay-Platz in der Mitte der Künstlerkolonie, der nach einem der Gründer der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger benannt ist, lange verwahrlosen lassen.

Vom „Fluch des ständigen Wechsels“

An Treffpunkten für die Anwohner mangelt es. „Erstaunlich ist, dass es hier kein einziges Café gibt“, sagt Maurenbrecher. „In meiner Jugend gab es Versuche, eines zu etablieren, die aber alle gescheitert sind.“ Für ihn und seine Frau ist das italienische Restaurant „Piazza Michelangelo“ am Südwestkorso zum Stammlokal geworden.

Den Nachbarn begegnen beide oft auch in der kleinen Einkaufszeile „Läden der Künstlerkolonie“ zwischen dem Südwestkorso und der Kreuznacher Straße. „Das Reisebüro hier gibt es seit meiner Kindheit.“ Der dortige Supermarkt habe mal bis Mitternacht öffnen wollen, erinnert sich Maurenbrecher. „Aber dann gab es Beschwerden.“ Anwohner befürchteten, dass trinkfreudige junge Leute und Alkoholiker bis spätnachts draußen herumlungern würden. Am Ende beließ es der Marktbetreiber bei den alten Verkaufszeiten.

Ebenso wie viele Nachbarn „bangen wir ums Postamt“, erzählt Maurenbrecher. Ständig gebe es Betriebsversammlungen in der Postbankfiliale an der Kreuznacher Straße, die Zukunft scheine ungewiss. Der Standort sei nicht zuletzt für Geldgeschäfte wichtig, nachdem andere Banken ihre Filialen im Kiez geschlossen und die Sparkasse ihren letzten Geldautomaten abgebaut habe.

Direkt am Breitenbachplatz stehen mehrere Läden und Lokale leer, Maurenbrecher spricht vom „Fluch des ständigen Wechsels“. Ein Beispiel dafür sind die einstigen Räumen des Jazzclubs „Eierschale“, der 1956 an der nordwestlichen Platzseite eröffnet hatte, aber 1977 wegen der hohen Miete an die Dahlemer Podbielskiallee umgezogen war.

Am alten Standort machte zuletzt im Frühjahr 2015 das „Grand Café Tomasa“ auf, schloss aber nur wenige Monate später wieder. Seitdem steht das Café leer, „trotz der schönen Dachterrasse“, an die sich Maurenbrecher gern erinnert. Er vermisst auch eine frühere Obsthandlung, die „etwas Besonders war“ und bedauert die Schließung des traditionsreichen Eisenwaren- und Haushaltswarenladens Weger nach 85 Jahren.

Unterdessen bliebt Manfred Maurenbrecher selbst auf der Erfolgsspur. Soeben erhielt er zum dritten Mal den „Preis der deutschen Schallplattenkritik“ in der Kategorie Liedermacher – diesmal für sein Album „flüchtig“, das im Oktober erschien und vom Unterwegssein handelt. Die Jury aus deutschen, österreichischen und schweizerischen Musikjournalisten hatte zuvor bereits seine Alben „no go“ (2013) und „Rotes Tuch“ (2015) ausgezeichnet.

© Der Tagesspiegel


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Initiative Breitenbachplatz Newsletter April 2019

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Initiative Breitenbachplatz

Newsletter April 2019

Liebe Freundinnen und Freunde des Breitenbachplatzes,

geht man bei dem schönen Wetter dieser Tage über den Breitenbachplatz, lässt einen der Gedanke nicht los: Was könnte man aus diesem Platz alles machen! Wir bleiben dran, und das mit guter Aussicht auf Besserung. Denn es tut sich eine ganze Menge.

• Im Abgeordnetenhaus befassen sich die zuständigen Ausschüsse mit dem Antrag der CDUFraktion, den Rückbau der Breitenbachplatzbrücke anzustreben und die Aufenthaltsqualität auf dem Platz zu verbessern. Die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und Linke bauen diese Forderung mit ihrem eigenen Antrag weiter aus. Auf unserer Website breitenbachplatz.de finden Sie mehr dazu.

• Es gibt gute Aussichten, dass der „Fall Breitenbachplatz“ zum Modell für ein Programm Rückbau der autogerechten Stadt“ wird. Bei der SPD Wilmersdorf-Süd fiel sogar der Begriff „Leuchtturmprojekt“, den wir genauso gerne vernehmen wie den tatsächlich schon begonnenen Rückbau im Bereich Molkenmarkt/Gertraudenstraße/Rotes Rathaus. Was dort recht ist, sollte für uns billig sein.

• Weil wir damit nicht alleinstehen, haben wir uns mit fünf anderen Initiativen in den Nachbar-Stadtteilen Wilmersdorf und Friedenau zu einem Netzwerk zusammengetan. Dafür ist seit ein paar Tagen eine Dach-Website menschengerechte-stadt.de am Netz, die ein umfangreiches Positionspapier enthält. Wir werden am 18. Mai gemeinsam beim Europafest auf dem Leon-Jessel-Platz in Wilmersdorf auftreten.

• Wir selber laden, um den Nachbarschafts- und Kiezgedanken zu stärken, am Samstag, dem 4. Mai ab 14 Uhr zu einem Nachbarschaftsfest auf dem Platz ein. Der Gedanke: Jede und jeder, der es vermag, ist eingeladen, selber Kaffee und Kuchen, einen Klappstuhl oder auch Klapptisch mitzubringen, wir stellen die Grundausstattung. Die Kinder sind eingeladen, sich ihren Breitenbachplatz der Zukunft selber zu malen. Es soll ruhig einen Picknick-Charakter haben. Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, Abt. Wirtschaftsförderung, unterstützt uns bei der Anmeldung und kostenlosen Platz-Nutzung sowie Verteilung von Info-Zetteln.

Selbstverständlich sind auch die näheren und entfernteren Nachbarn aus Wilmersdorf eingeladen!

• Wir sind dabei, die Partnerschaft mit dem Verein Künstlerkolonie auszubauen und weisen bei dieser Gelegenheit gerne darauf hin, dass der Verein am Ostermontag zum Osterspaziergang einlädt. Treffpunkt ist am 22 April um 11 Uhr am nördlichen Ausgang des U-Bahnhofes Breitenbachplatz. Wir möchten bei dieser Gelegenheit auch auf das

Kulturprogramm der Künstlerkolonie hinweisen: kueko-berlin.de .

• Ab sofort wird auf dem Breitenbachplatz wieder Boule gespielt. Immer mittwochs um 17 Uhr (neue Zeit!). Einfach kommen.

• Die in Berlin wachsende Unruhe über horrende Mietsteigerungen hat jetzt den nordöstlichen Bereich des Breitenbachplatzes erfasst. Es gab bereits eine Protestversammlung. Deutsche Wohnen, Vonovia und ein dänischer Pensionsfonds nutzen Neuvermietungen, um nach ein wenig Renovierung Quadratmeterpreise bis zu 14 Euro zu verlangen, wo bisher sieben bis acht Euro kalt die Regel waren. Der Schutz der historischen „Künstlerkolonie am Breitenbachplatz“, in der frei werdende Wohnungen bevorzugt an Schauspieler und andere künstlerische Berufe vergeben werden müssen, nutzt nichts, wenn – wie berichtet wird – den Neumietern 13,64 Euro abverlangt werden, die sie einfach nicht bezahlen können. Die Wohnungen gehen dann in den „freien“ Wohnungsmarkt. Wenn der Senat, wie vom Regierenden Bürgermeister angekündigt, Wohnungsbestände aufkaufen will, böte sich im Fall Künstlerkolonie eine gute Gelegenheit, um damit im gesamten Umfeld des Breitenbachplatzes die Mietpreisentwicklung zu dämpfen. Denn auch auf der Steglitzer Seite werden, sieht man von den Genossenschaftswohnungen ab, neuerdings mindestens 12 Euro verlangt. Wir als Bürgerinitiative wollen, dass es bei der guten sozialen Mischung in unserem Kiez bleibt. Mieter im Bereich des REWE-Markts berichten übrigens, dass der gesamte Komplex für eine verdichtete Neubebauung abgerissen werden soll.

• Vom Breitenbachplatz selber gibt es nur wenig Neues zu berichten. Die Zahnarztpraxis im ehemaligen Haushaltswaren-Weger (und früher mal Kino-Foyer) ist seit dem 1. April geöffnet. Die angekündigte Physiotherapie in der linken Hälfte der ehemaligen Commerzbank harrt der Betriebsaufnahme. Bei den kleineren, noch leerstehenden Läden zwischen Santa Café und Zwilling-Apotheke herrscht Unklarheit. Das historische Café Breitenbach an der Ecke zur Dillenburger Straße hat sich jetzt ganz auf die aserbaidschanische Küche spezialisiert, Plov und Schaschlik zum Beispiel, und ist ab 13 Uhr geöffnet. Der Schäfer-Backshop war zuletzt immer nur bis 14 Uhr geöffnet. An Stelle von Blumen-Florian wird Maniküre angeboten. Und das Restaurant „Piazza Michelangelo“ heißt jetzt „Casa Michelangelo“ und steht im Verbund mit dem Landhaus Grunewald.

• Unsere Initiative hat jetzt ein Logo! Es zeigt, gestaltet von Lutz Pietschker, stilisiert den Grundriss des Platzes ähnlich einem U I(wie U-Bahn) und zwei Fliederblüten, die an die traditionelle Bepflanzung des Platzes und der Schorlemerallee erinnern (die übrigens einst mit Rücksicht auf die nicht sehr dicke Abdeckung der U-Bahn gewählt wurde, denn Flieder. wurzelt nicht tief.) Das B für Breitenbachplatz ist bewusst in der Schrifttype „Bauhaus“ gestaltet. Mehr zu diesem Thema das nächste Mal.

Mit nachbarschaftlichen Grüssen

Initiative Breitenbachplatz

Ulrich Rosenbaum, Brentanostr. 19, 12163 Berlin


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Weg mit den Bausünden, die unser schönes Berlin verschandeln!

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von OLIVER OHMANN, 11. Februar 2019

Beispiel Breitenbachplatz in Dahlem

 

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Die Brücke zerschneidet den historischen Platz. Vor dem Brückenbau sah der Breitenbachplatz viel schöner aus Foto: Christian Lohse/picture-alliance (B.Z. Combo)

Immer öfter werden in den Bezirken breite Straßen zurückgebaut. Jetzt fordert eine Steglitzer Bürgerinitiative den Breitenbachplatz ohne Autobahnbrücke.

Es gab eine Zeit, da war der Breitenbachplatz in Dahlem ein Schmuckstück Berlins. Dann kam die Betonbrücke – und seitdem liegt ein Schatten über dem zerschnittenen Platz.

Das Dilemma nahm 1954 seinen Lauf, als der West-Berliner Senat erste Planungen für eine Stadtautobahn vorlegte. Damals schon vorgesehen war der Autobahn-Abzweig zum Breitenbachplatz. Geplant war die Weiterführung der Autobahn entlang der Schildhornstraße nach Tempelhof.

Diese Pläne wurden 1978 verworfen, aber da war die Brücke am Breitenbachplatz – eigentlich Teil der nie gebauten Autobahn – schon da. 1971 hatten die Baumaßnahmen begonnen. Seitdem zerschneidet die mächtige Beton-Überbauung den einstigen Schmuckplatz.

 

Eine Bürgerinitiative will das ändern – und fordert: Reißt die Brücke ab!

Ulrich Rosenbaum (73) von der Bürgerinitiative Breitenbachplatz trommelt für den Abriss, 170 Unterstützer sind mit dabei: „Machen wir den Platz wieder zu unserem Platz. Lebenswert statt autogerecht.“ Diese Forderung unterstützen auch viele Anwohner, die sich mehr und mehr um den Kiez sorgen.

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Ulrich Rosenbaum (73) kämpft gegen die massive Betonbrücke, die den Breitenbachplatz seit mehr als vier Jahrzehnten teilt (Foto: Christian Lohse)

Unzählige Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Der ab 1902 kunstvoll gestaltete Platz galt einst als „Tor zu Dahlem“, seit 1913 mit U-Bahnanschluss. In den Zwanzigerjahren entstand eine Künstlerkolonie, Architektur im Stil von Bauhaus und Neuer Sachlichkeit prägen den Platz. „Die Brücke ist wie eine Mauer, darunter leidet die Aufenthaltsqualität“, sagt Rosenbaum. „Ein halbes Dutzend Geschäfte steht heute leer. Der türkische Gemüsehändler ist weg, die Weinhandlung, zuletzt machte der bekannte Blumenladen Florian zu.“

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Der bekannte Kiez-Blumenladen „Florian“ machte im Dezember dicht (Foto: Christian Lohse)

Aber wie stellt sich die Bürgerinitiative den Abriss vor? Wohin mit den Autos und dem Verkehr? Schließlich passieren täglich über 20.000 Fahrzeuge den Breitenbachplatz. „Wir wollen, dass der Verkehr ebenerdig verläuft, auf Tempo 30 gedrosselt und mit Radstreifen versehen. Der überregionale Verkehr soll auf die Stadtautobahn ausweichen.“ Umgehungsverkehr durch angrenzende Wohnstraßen soll durch Bremsschwellen und Parkbuchten abgeschreckt werden.

Platz für neue Wohnungen 

Der Abriss der Brücke würde laut Bürgerinitiative rund zwei Millionen Euro kosten. Rosenbaum betont: „Man würde dabei auch Platz für neue Wohnbebauung schaffen. Eine Win-win-Situation.“

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Der Abriss der Brücke würde 2 Millionen Euro kosten, aber Platz für Wohnbebauung schaffen (Foto: Christian Lohse)

Die Signale aus der Bezirkspolitik bezeichnet Rosenbaum als positiv. „Spätestens wenn die nächste Sanierung der Brücke ansteht, würde wohl kaum jemand dafür stimmen.“ Entscheiden muss jedoch der Senat. Für den Abriss sprach sich auch Ex-Senatsbaudirektor Hans Stimmann (77) aus und bezeichnete den Brückenbau als einen städtebaulichen Fehler.

Bereits 1975 hatte Bausenator Harry Ristock (SPD) das von seinem Vorgänger genehmigte Bauwerk scharf kritisiert („Schadet dem Stadtbild“). Doch da war es schon zu spät und Dahlem hatte seinen Breitenbachplatz an der Sonne verloren.

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