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Fête de la Musique 2024

Liebe Musik-Enthusiast*innen, liebe Partner*innen
der Fête de la Musique,

die Sonne hat uns wachgeküsst und wir freuen uns darauf, gemeinsam mit Euch das größte und vielfältigste Fest der Stadtgesellschaft in Berlin zu organisieren: Pünktlich zur Sommersonnenwende und zum längsten Tag des Jahres findet am Freitag, den 21.6., die Fête de la Musique statt – und Ihr ahnt, was das heißt: Musik in der ganzen Stadt. Umsonst und draußen. Und drinnen. Und alles bei freiem Eintritt, damit alle die Musik genießen können.

Im letzten Jahr konnten wir das Trio Dreisat gewinnen die stimmungsvoll auf dem Ludwig Barney Platz musizierten.

Wir würden dieses Jahr als Ort die Kolonnaden vor dem KunstRaum vorschlagen und freuen uns auf Eure Meldungen wer sich musikalisch beteiligen möchte.

Meldet Euch bitte unter

veranstaltungen@berlinerkuenstlerkolonie.de

 

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Anerkennung für Ehrenamtliches Engagement

Anerkennung für Ehrenamtliches Engagement

Ehrenamtliches Engagement ist ein unverzichtbarer Baustein in unserer Gesellschaft. Egal ob ehrenamtlich im Sportverein, in der Hilfe für Geflüchtete oder bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv! Ohne das ehrenamtliche Engagement vieler Berliner und Brandenburger wäre die Hauptstadtregion nicht so stark! Dem Regierenden Bürgermeister von Berlin und dem Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg sind Anerkennung und der Dank für freiwilliges Engagement sehr wichtig. Seit Anfang 2017 bieten die Länder Berlin und Brandenburg deswegen besonders engagierten Bürgerinnen und Bürgern eine gemeinsame, in beiden Ländern gültige Ehrenamtskarte als Zeichen ihrer Anerkennung.

Die Ehrenamtskarte
 

Wir möchten sehr gern einige unserer vielen Helfer, Freunde, Nachbarn usw. der Künstlerkolonie in Berlin zur Ehrung vorschlagen und freuen uns auf Eure Vorschläge wen wir vorschlagen sollten.

Mein Vorschlag !
 
Bitte sendet uns Euren Vorschlag per E-Mail an veranstaltungen@berlinerkuenstlerkolonie.de
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Wie wird man Künstler:in?

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Künstlerin oder Künstler sein – ein Traumberuf. Braucht man dafür nur Talent, oder auch Talent zur Selbstvermarktung? „Twist“ trifft den Shootingstar Leon Löwentraut, die preisgekrönte Künstlerin Latifa Echakhch, die Kunst-Professorin Rajkamal Kahlon und Annika Le Large, die von der Kunsthochschule abgelehnt wurde, und jetzt als Illustratorin von ihrer Kunst leben kann.

 

„Twist“: Wie wird man Künstler*in?
 
Künstlerin oder Künstler sein – ein Traumberuf? Braucht man dafür nur Talent, oder auch Talent zur Selbstvermarktung? „Twist“ trifft den Shootingstar Leon Löwentraut, die preisgekrönte Künstlerin Latifa Echakhch, die Kunst-Professorin Rajkamal Kahlon und Annika Le Large, die von der Kunsthochschule abgelehnt wurde, und jetzt als Illustratorin von ihrer Kunst leben kann.

Drei Künstlerinnen und ein Künstler erzählen, wie sie es geschafft haben: In Zürich war „Twist“ mit dem Shootingstar der jungen Galeriekunst, Leon Löwentraut, unterwegs. Er ist als Maler international erfolgreich, dabei hat er nie Kunst studiert. Das Feuilleton aber ignoriert ihn. Ein Kunsthistoriker verspottet Löwentraut sogar als „Helene Fischer des Kunstbetriebs“. Er hat spektakuläre Auftritte mit Hubschrauber, Pferdekutsche oder Porsche zur Vernissage. 750 Tausend Follower*innen auf Instagram feiern den 25-Jährigen für seine Show-Akts. Seine Arbeiten werden inzwischen fünfstellig gehandelt. Kann also etwa im Zeitalter von Social Media jeder Künstler werden?

Die französische Bildhauerin mit marokkanischen Wurzeln, Latifa Echakhch, gestaltete 2022 den Schweizer Pavillon auf der Venedig-Biennale, lebt am Genfer See und hat 2013 den Marcel-Duchamp-Preis, den wichtigsten Kunstpreis Frankreichs, bekommen. Mit ihrer ganz anderen, sehr sensiblen Sicht sieht sie die Kunst als eine besondere Art, die Welt zu lesen.

Rajkamal Kahlon wohnt als Amerikanerin in Berlin, ist Professorin für Malerei. Ihre Themen sind ernst und haben großen Tiefgang: Kolonialismus, Rassismus, Self-Empowerment. Sie bearbeitet Abbildungen von Indigenen, die in Büchern des 19. Jahrhunderts als wild, ungezähmt und meist nackt dargestellt werden. Per Übermalungen gibt sie ihnen Kleidung und damit ihre Würde zurück.

Annika Le Large aus Leipzig arbeitet an den Illustrationen für ihr drittes Kinderbuch. Sie kann mittlerweile von ihrer Kunst leben.

Vier Positionen, die zeigen, dass der  Weg zum Künstler, zur Künstlerin unterschiedlicher nicht sein kann und dass Erfolg ein sehr weit interpretierbarer Begriff ist.

 

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JOSEFA FORSCH

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geboren am 22. Oktober 1922 in Berlin
gestorben am 12. Oktober 2014 in Berlin

deutsche Zeichnerin, Grafikerin, Plakatmalerin und Schriftzeichnerin

10. Todestag am 12. Oktober 2024

BIOGRAFIE

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Josefa Forsch ist nicht nur diejenige, die am längsten in der Berliner Künstlerkolonie am Breitenbachplatz gelebt hat – immerhin 84 Jahre! – sie hat auch deren Logo entworfen.

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Ihre Eltern waren Margaretha Forsch und der Schauspieler Robert Forsch. Die Familie zog 1930 in die Künstlerkolonie, wo sie erst in der Kreuznacher Straße wohnten, später dann am Laubenheimer Platz (ab 1963 Ludwig-Barnay-Platz).

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An der Schule „Kunst und Werk – Privatschule für Gestaltung“, der früheren Schule Reimann, einer privaten Kunst- und Kunstgewerbeschule, machte sie von 1940 bis 1943 ihre Ausbildung zur Grafikerin. Dort wurde sie u. a. von den beiden Malern Ernst Fritsch und Heinz Fuchs unterrichtet. Schriftunterricht erhielt sie von dem Maler und Grafiker Johannes Boehland.

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Während des Kriegs blieb Josefa Forsch in Berlin. Dort wurde sie ab Mitte 1943 als Kartenzeichnerin kriegsverpflichtet, später dann in Würzburg. 1946 kehrte sie in ihre Heimatstadt zurück, wo sie ihr Studium fortsetzte, gleichzeitig aber auch erwerbstätig war. Von Johannes Boehland wurde sie weiter als Zeichnerin und Grafikerin ausgebildet, bei einer US-amerikanischen Dienststelle von dem Bauhaus-Typografen, -Maler und -Lehrer Joost Schmidt für Ausstellungsarbeit.

Aufgrund der schwierigen Arbeitslage in Berlin, bedingt durch die Veränderungen in der Stadt nach dem 2. Weltkrieg – es war oft billiger, Ost-BerlinerInnen zu beschäftigen, wodurch West-BerlinerInnen Schwierigkeiten hatten, feste Arbeitsstellen oder auch nur Aufträge zu bekommen – arbeitete Josefa Forsch von 1948 bis 1954 freiberuflich.

So zeichnete sie z. B. die Schrift in drei Kinderbüchern der Bauhaus-Künstlerin und Kinderbuchautorin Lou Scheper-Berkenkamp: Tönnchen, Knöpfchen und andere; Puppe Lenchen und Knirps – ein ganz kleines Ding, die alle drei 1948 im Wunderlich Verlag in Leipzig erschienen.

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Ab 1954 arbeitete Josefa Forsch zwei Jahre lang als Plakatmalerin im Berliner Warenhaus Bilka, anschließend von 1956 bis 1973 als Schriftzeichnerin bei Harris-Intertype-Setzmaschinen und von 1974 bis 1982 als Fotosatzmontiererin beim Satz-Rechenzentrum Hartmann & Hennemann. Mit 60 Jahren konnte sie berentet werden.

Befreundet war Josefa Forsch mit der RIAS-Redakteurin Renate von Gebhardt, die sie seit ihrer Kindheit kannte und die seit Ende der 1970er Jahre ebenfalls in der Künstlerkolonie lebte.

Wie Alwin Schütze im Kurier 7 der Künstlerkolonie völlig zu Recht anmerkte, war Josefa Forscheine interessante und begabte Künstlerin/Grafikerin aus der Tradition des Bauhauses. Da sie aber hauptsächlich als gewerbliche Angestellte tätig war und mit Werbegrafik und Typografie ihren Lebensunterhalt verdiente und nicht als freischaffende Künstlerin, wurde ihre Kunstfertigkeit nicht von Künstlervereinen oder Verbänden wahrgenommen bzw. anerkannt.“ Eine Situation, die den meisten freiberuflich Arbeitenden auch heute noch bekannt ist.

Vor ihrem Tod hat Josefa Forsch ihre Arbeiten dem Berliner Bauhaus-Archiv zur Verfügung gestellt. Dort sind zwei ihrer Werke links neben einem von Lászlo Moholy-Nagy zu sehen.

Eine Gedenktafel, wie sie an vielen anderen Häusern in der Künstlerkolonie zu finden sind, fehlt für Josefa Forsch bis heute.

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Frauen der Berliner Künstlerkolonie

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von Christiana Puschak

(aus WIR FRAUEN Heft 4/2023)

„Ein Denkmal besonderer Art“

(Gerda Schulz)

Viele kennen die Künstlerkolonien Worpswede oder Ahrenshoop, manche die Künstlerkolonie Darmstadt, aber nur wenige die Künstlerkolonie Wilmersdorf. Sie war und ist eine Wohnsiedlung im Südwesten des Bezirks Wilmersdorf rund um den Laubenheimer Platz (heute: Ludwig-Barnay-Platz).

Die „Berufsgenossenschaft deutscher Bühnenangehöriger” und der „Schutzverband deutscher Schriftsteller” ließen 1927–1929 drei Wohnblocks für ihre Mitglieder errichten.

Rasch wurden sie zur Adresse bedeutender Persönlichkeiten des künstlerischen sowie intellektuellen Kulturlebens der Weimarer Republik, wie etwa der Volksschauspielerin Steffie Spira oder des Philosophen Ernst Bloch – es sollen rund dreihundert Kunstschaffende gewesen sein, denen das Viertel zur Heimat wurde. Fast alle BewohnerInnen standen politisch links und viele waren jüdischer Abstammung.

Im Volksmund wurde dieses Quartier „Hungerburg“ oder auch „Stempelburg“ genannt, wohnten doch hier zahlreiche arbeitslose oder schlecht bezahlte KünstlerInnen, SchriftstellerInnen, JournalistInnen und Theaterleute. Bis heute ist diese Siedlung ein Ort für KünstlerInnen und der Erinnerung.

Eine, die in die gerade fertiggestellte Siedlung mit ihrem Mann, dem jüdischen Schauspieler und Regisseur Leonhard Steckel, einzog, war die Tänzerin Jo Mihaly – sie tanzte Geschichten, die als Appelle an die Menschlichkeit verstanden werden wollten. Tür an Tür wohnte sie mit Johannes R. Becher, dem Psychoanalytiker Wilhelm Reich und dem Schriftsteller und Journalisten Gustav Regler, der hier mit seiner Frau Marie Luise – Tochter des Malers Heinrich Vogeler – lebte. Regler erinnert sich später in seinen Memoiren:

„Es waren billige Wohnungen, und doch bezahlte kaum einer seine Miete; weder die Gehälter noch die sogenannten Einkünfte der freien Berufe reichten aus. In den meisten Behausungen lag nur eine Matratze am Boden. Die Künstler aßen von Seifenkisten, über die sie Zeitungen gebreitet hatten; keiner verhungerte, man half sich gegenseitig.“

Solidarität und gegenseitige Hilfe wurden hier großgeschrieben, Erinnerungsbücher berichten über das Leben in der Künstlerkolonie (KüKo). In der Regel sind es männliche Stimmen, die herangezogen werden, aber es gibt viele weibliche Stimmen, die Einblicke in Verhältnisse und Gegebenheiten der KüKo vermitteln.

So ist da beispielsweise der 1932 erschienene Roman Eineinhalb Zimmer Wohnung, in dem die Schriftstellerin Dinah Nelken das Leben in der KüKo anschaulich und authentisch schildert, war sie doch selbst von 1928 bis 1936 dort Bewohnerin, wie aus ihrem in der Akademie der Künste bewahrten Nachlass hervorgeht. Bekannt wurde Dinah Nelken nicht allein durch ihre Romane, sondern auch durch das politisch-literarische Kabarett „Die Unmöglichen“, das sie gemeinsam mit dem Journalisten Pem (Paul Marcus) und ihrem Bruder, dem Graphiker Rolf Gero Schneider, ins Leben rief und das begeisterte Kritiken erntete.

Eine andere Bewohnerin, die Auskunft über das Leben und Wirken in der KüKo gibt, ist die Schauspielerin und Schriftstellerin Hedda Zinner, die mit ihrem Mann Fritz Erpenbeck hier lebte. In Fini, Teil ihrer Roman-Trilogie Ahnen und Erben, erzählt sie vom politischen Wirken ihrer Protagonistin vor Ort, greift Hedda doch bei der Gestaltung des Romans auf eigene Erfahrungen zurück. Wir lernen hier die Kehrseite der „Goldenen Zwanziger Jahre“ kennen: arbeitslose SchauspielerInnen, Schlangen vor den Theateragenturen und Theaterchefs, die die Notlage ausnutzen.

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Hedda Zinner, Leipzig 1948. Fotograf: R. Rössing. Bild von Deutsche Fotothek‎, CC BY-SA 3.0 de, via Wikimedia Commons

In ihren Erinnerungen Aus meinem Leben beschreibt Karola Bloch ihren Wohnungswechsel in den sogenannten „Roten Block“:

„Mehrere Freunde waren im selben Haus unsere Nachbarn. So Peter Huchel und Gustav Regler. In der Nähe wohnten […] Kantorowicz mit seiner klugen, reizenden Frau Friedel – sie war Schauspielerin […] ,– der Regisseur Erich Engel, […] Susanne Leonhard mit ihrem Sohn […] und viele andere. Der ´Rote Block` bildete eine erfreuliche Gemeinschaft, in der Parteilose, Kommunisten und Sozialdemokraten versammelt waren. Bei uns wehten nur die Fahnen Schwarz-Rot-Gold und Rot.“

Und die Sängerin Eva Busch, verheiratet mit dem „Barrikaden-Tauber“ Ernst Busch, lässt uns in ihren autobiografischen Aufzeichnungen wissen: „Uns gegenüber wohnte ein Nazi. Wie er in unsere Künstlerkolonie kam, weiß ich nicht; wahrscheinlich war er ein Spitzel.“

Die 1924 in Dolný Kubín (Tschechoslowakei) geborene Lyrikerin und Schriftstellerin und in der KüKo mit ihrer Schwester Barbara aufwachsende Anna Krommer war mit Marianne Weinert befreundet und diese wiederum mit Josefa Forsch – spätere Grafikerin in der Tradition des Bauhauses. Mit den Töchtern des Schauspielers Albert Steinrück und mit Cornelia Ruthenberg spielten sie als Kinder gemeinsam auf dem Laubenheimer Platz.

In einem Interview antwortete Anna Krommer auf die Frage, ob sie von ihrem Selbstverständnis her Deutsche gewesen sei, sie habe sich „nie anders als gleichartig mit meinen Schulkameradinnen oder den Freundinnen auf der Straße gefühlt“ und habe „keine schlechten Erfahrungen als Kind in Berlin gemacht. Das war allerdings vor 1933“.

1933 bildet eine Zäsur. Nach dem Reichstagsbrand wurde die KüKo Zielscheibe zunehmenden Terrors, eine Großrazzia der Nazis fand statt. Jo Mihaly hat die Ereignisse vom Fenster ihrer Wohnung aus beobachtet:

„Ein Konvoi von mehr als hundert Fahrzeugen ist […] vor dem Künstlerblock vorgefahren […] Wie Schlachtvieh wurden die vielen prominenten Kollegen auf dem Hof zusammengetrieben […] SA-Leute zertrümmerten gerahmte Bilder auf den Köpfen der Festgenommenen, so daß das Blut an ihnen herunterlief. Ich erkannte einige unserer Nachbarn. Es war grauenhaft.“

Annähernd zwei Drittel der Bewohner der KüKo emigrierten nach dieser Razzia. In eine der „frei werdenden“ Wohnungen zog Helene Jacobs ein, die gemeinsam mit der Schriftstellerin Etta von Oertzen verfolgte Menschen in ihrer Wohnung versteckte. Sie erinnerte sich:

„Als ich 1934 auf Wohnungssuche war, kam ich auch in die ehemalige, rote ´Künstlerkolonie. Viele der früheren Mieter waren bereits emigriert oder hatten, da sie kein Engagement erhielten, das Quartier wechseln müssen. Und trotzdem: Es roch hier mehr nach Menschlichkeit – irgendwie habe ich es gespürt! Ich wußte zu diesem Zeitpunkt nicht, daß meine Chance, eine Wohnung zu erhalten, damit zusammenhing, daß andere Menschen ´rausgeekelt worden waren.“

Mit Flugblättern und Flugschriften wird gegen die braune Barbarei aus der KüKo heraus gekämpft. Zu denen, die Gegenwehr leisten, zählt die Fotografin Eva Kemlein, die rund dreißig Mal ihr Quartier wechseln muss. Und in der Wohnung von Alja Blomberg finden konspirative Treffen statt, an denen die Pianistin Irene Meyer-Hanno teilnimmt – von hier aus werden antifaschistische Aktivitäten organisiert.

Nach Ende des „Tausendjährigen Reiches“ werden Wohnungen der KüKo von der Bühnengenossenschaft an Kunstschaffende vergeben, etwa an die Malerin und Textilkünstlerin Kat Kampmann. Häufige Motive ihrer Radierungen und ihrer gestickten Bilder sind Fensterausblicke aus der KüKo. Für die zweiundneunzigjährige Tänzerin Gerda Schulz ist die KüKo „ein Denkmal besonderer Art, zur Erinnerung an die Künstlerinnen und Künstler, die unter der Naziherrschaft zu leiden hatten“.

Und auf dem Ludwig-Barnay-Platz findet sich ein bescheidener Gedenkstein mit der Inschrift: „Mahnmal für die politisch Verfolgten der Künstlerkolonie“.

Zu erwähnen ist auch noch die Familie Gebhardt. Hertha von Gebhardt war nicht nur Schriftstellerin, Übersetzerin, Journalistin und Frauenrechterlein, sondern setzte sich auch stets aktiv für die Künstlerkolonie ein. Ihre Tochter, die Autorin und Radioderakteurin der Sendung ONKEL TOBIAS Renate von Gebhardt, lebte bis zu ihrem Tode vor wenigen Jahren dort. 

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Die Bilder meines Vaters – Astrid Goltz

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Interview Wümme Zeitung:

Warum Mieke? Wie bin ich drauf gekommen?

1) Ich wollte einen Roman schreiben, der in der Zeit zwischen den Weltkriegen spielt, mit einer jungen Frau im Zentrum, die z.B vom Land in die Hauptstadt zieht, die politischen Ereignisse und neuen  Möglichkeiten miterlebt: das Ende der Kaiserzeit, repräsentative Demokratisches oder sozialistisches Räte-System, Frauenwahlrecht und Befreiung auf vielen Ebenen, das Berlin der 20er Jahre, und wie dies alles von den Nationalsozialisten in Frage gestellt und später zerstört wird. Warum? Weil wir in einer Zeit leben, in der Rechtspopulisten unser demokratisches System in Frage stellen, und weil es immer gut ist zu fragen: wo kommen wir her, wenn es darum geht, wo wir hin wollen.

2) Über ihren weit über Worpswede und Bremen hinaus bekannten Vater. Heinrich Vogeler fasziniert mich als Mensch und Künstler, der Kunst und Leben nie getrennt hat und der mindestens 2 Mal in seinem Leben eine radikale Metamorphose vollzogen hat: vom Liebling des Bürgertums mit seinen sehnsuchtsvollen Märchenbildern und dem wundervoll filigranen Buchschmuck im Jugendstil hin zum Pazifisten und basisdemokratischen Kommunarden, der seinen Barkenhoff mit den weißen Giebeln und dem Rosengarten in eine Landkommune mit Gemüseanbau zur Selbstversorgung verwandelt. Damit wechselt er auch zur expressionistischen Plakatkunst. Die zweite Wandlung vollzieht sich in den 20er Jahren, als er der Kommunistischen Partei und damit dem Weg zum Staatssozialismus beitritt, nach Berlin zieht und später nach Moskau auswandert, wo er seine Komplexbilder und eine Art idealistischen Realismus ausprägt. Er hat sich in seinem Leben gesellschaftlichen und künstlerischen Strömungen nicht nur angeschlossen, sondern hat konsequent Kunst und Leben verschmelzen lassen. Er war ein Visionär, aber kein Träumer, sondern einer, der sofort den „Spaten in die Hand nimmt, um seine Träume in die Realität hineinzuschaufeln“.

3) Wie würde eine Tochter mit diesen Wandlungen des Vaters umgehen? Eine Tochter, die im weißen Reformkleid im Rosengarten des Barkenhoffs laufen lernt und nach dem 1. Weltkrieg einen ganz anderen Vater zurückbekommt? Die sich auf ihre Art und Weise emanzipiert und die Welt sehen will? Ich wollte zuerst über einen Vogeler-artigen Vater und seine Tochter schreiben.

4) An dieser Stelle habe ich recherchiert und herausgefunden: Es gab diese Tochter, die ich mir in meinem Kopf zurechtgelegt hatte: sie hieß Mieke, hat ihren Vater geliebt und ihm nachgeeifert, aber es gab auch Reibungspunkte. Sie lernte in Bremen Goldschmiedin, lebte später mit ihrem Lebensgefährten, dem Schriftsteller Gustav Regler, in Berlin, emigrierte mit ihm nach der Machtübernahme der Nazis nach Paris, besuchte ihren Vater in Moskau und rettete sich vor dem Einmarsch der Nazis nach Paris mit Gustav auf ein  Schiff nach Mexiko. Ein so spannendes Leben, dass ich darüber schreiben wollte, über die historische Person.

– Recherche und Reisen
Ich bin an die Lebensorte von Mieke gereist, zu ihren Wohnadressen in Worpswede, Bremen, Berlin und sogar Paris. Ich habe in den Museen und Archiven durch Familienalben und viele Briefe gestöbert und habe mit den Urenkelinnen Heinrich Vogelers gesprochen. Mein Ziel ist es, an diesen Orten auch Lesungen abzuhalten, um Miekes Leben und Wirken an diesen Orten wieder aufleben zu lassen. In Worpswede habe ich vor Erscheinen des Romans beim Sommerfest des Hauses im Schluh gelesen. Der Verlag organisiert jetzt in Worpswede und Bremen eine Lesung. In Berlin bin ich mit dem Verein der Bruno-Taut-Siedlung in Kontakt und werde in der Künstlerkolonie Berlin lesen (Wilmersdorf).

– Was ist das Besondere an Mieke?
Sie hat einen sehr genauen Blick: auf die kleinen Dinge, was man als Goldschmiedin braucht, es heißt, sie fand überall 4-blättrige  Kleeblätter. Damit war ihr das Visionäre ihres Vaters eher fremd. Statt in die Ferne ging ihr Blick mehr In die Tiefe, z.B. was den Charakter von Menschen angeht.

Sie war eine talentierte Zeichnerin und Goldschmiedin, sogar Modedesignerin, mit einem ausgeprägten ästhetischen Verständnis. Das reichte zu ihrer Zeit aber nicht, um von Kunsthandwerk oder Kunst leben. zu können, zumal von ihr als Frau zusätzlich Haushalt und Sorgearbeit verlangt wurden, sie sich die Zeit für ihre eigentliche Arbeit oder Berufung also freikämpfen musste.

Auf den Fotos fällt ihre ätherische, feinsinnige Art ins Auge. Weiße Kleider, kunstvoll gesteckte Haare wie ihre Mutter. Außerdem der gleiche sehnsuchtsvoll in die Ferne schweifende Blick wie ihr Vater als junger Mann. Wahrscheinlich hatte sie das Träumerische von ihrem Vater, aber nicht seine konsequente Art, Dinge umzusetzen. Sie orientiert sich lieber an anderen und folgt, statt zu führen. Deshalb ist ihre Emanzipation im Roman eine späte. Erst in Mexiko, gezeichnet von einer schweren Erkrankung, befreit sie sich innerlich von ihren Fesseln, so dass sie erst im Sterben lernt, selbstbestimmt zu leben.

Die Familie beschreibt sie als Antifaschistin, ohne dass sie sich laut zu Wort gemeldet oder die nicht über Emigration nachdenkenden Freunde oder Familienmitglieder konfrontiert hätte. Gustav beschreibt sie als klug und introvertiert. Sie war zart bis zerbrechlich vom Äußeren, konnte aber einen erstaunlichen Mut aufbringen, wenn sie es für nötig empfand, als sie z.B. zum schwerkranken Gustav im Spanischen Bürgerkrieg auf eigene Faust durchschlug.

– Wer sollte den Roman lesen?
Alle Menschen, die Interesse an den Vogelers und Worpswede haben. Darüber alle, die wie ich die Vergangenheit verstehen wollen, um in die Zukunft blicken zu können. Und alle, die Lust auf historische Frauenfiguren und ihre Emanzipationsgeschichte haben.

– Was ist Fiktion, was geschichtlich gesichert?
Ich habe mich an Lebensdaten der Personen und an geschichtliche Daten so gut es ging gehalten. Wie die Personen hinter ihren Handlungen gedacht haben, ihr Motive und Emotionen sind meine Fiktion. Ich habe meine Themen: Romantik, Utopien, weibliche Emanzipation in den Text hineingewebt. Das schreibe ich auch im Schlusswort.